Neue Erkenntnisse zur Neurobiologie der Kreativität
23. Juli 2020
Kreatives Denken ist die Basis für viele Innovationen in Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur oder im Alltag. Trotz ihrer Bedeutung ist die Neurobiologie der Kreativität wenig erforscht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Jacobs University haben nun unsere Fähigkeit gemessen, neue und originelle Lösungen zu entwickeln – und dabei unter anderem festgestellt, dass Kreativität durch Gehirnstimulation gezielt gefördert werden kann. Die Ergebnisse der Studie sind kürzlich in der renommierten Zeitschrift „Brain Structure and Function“ erschienen.
Eine Komponente der Kreativität ist die Fähigkeit, nach mehreren Lösungen für ein einziges Problem zu suchen. Also wurden den Probanden, ausschließlich Studierende der Jacobs University, verschiedene Aufgaben gestellt: Wozu kann man etwa einen Ziegelstein verwenden, wozu eine Büroklammer? „Je mehr Ideen die Testpersonen hatten und je ausgefallener sie waren, desto besser“, erzählt Radwa Khalil, Doktorandin in Neurowissenschaften an der Jacobs University und Erstautorin der Studie.
Gleichzeitig wurden die Gehirnaktivitäten gemessen. „Kreativität ist nicht einer bestimmten Gehirnregion zuzuordnen. Aus vorherigen Studien ist jedoch bekannt, dass Menschen mit einer Schädigung der linken Gehirnhälfte, zum Beispiel Schlaganfallpatienten, kreativer werden“, erklärt Dr. Ben Godde, Professor für Neurowissenschaften und Koautor der Studie. Um diesen Effekt zu simulieren, nutzten die Forschenden ein Verfahren zur Gehirnstimulation, mit dem eine Gehirnregion unterdrückt und eine andere aktiviert werden kann. Dieses Verfahren nennt sich „transkranielle Gleichstromstimulation.“ „Die Probanden mit einer aktiven rechten Gehirnregion waren eindeutig kreativer“, sagt Radwa Khalil.
Zugleich maßen die Forschenden die Auswirkungen der inhibitorischen Kontrolle auf die Gehirnströme, also der Fähigkeit, seine Gedanken und Reaktionen zu kontrollieren statt ihnen freien Lauf zu lassen. „Unsere Studie zeigt zum ersten Mal, dass Kreativität mit Impulskontrolle zusammenhängt. Demnach haben Menschen mit einer geringeren Impulskontrolle nicht nur soziale Schwierigkeiten sondern es fällt ihnen auch schwerer, kreative Lösungen für ihre Probleme zu finden“, erläutert Prof. Dr. Ahmed Karim, Neuropsychologe und ebenfalls Koautor der Studie.
Ziel der Forschung ist es, die neurobiologischen Vorgänge der Kreativität besser zu verstehen. „Je besser uns dies gelingt, desto gezielter kann man sie fördern, etwa durch Trainingsprogramme“, beschreibt Radwa Khalil die Bedeutung ihrer Forschung.
Link zur Studie:
http://link.springer.com/article/10.1007/s00429-020-02081-y
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