Jingchun Lin: umtriebige Brückenbauerin zwischen den Kulturen

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Die Studentin Jingchun Lin hat an der Jacobs University ihren eigenen Kiosk gegründet und lotet die Grenzen zwischen Studium und Selbstständigkeit aus. (Quelle: Jingchun Lin)

 

08. Juni 2021
 
Aus Höflichkeit „Ja“ zu sagen, obwohl man „Nein“ denkt – das sei wohl einer der größten Unterschiede zwischen der chinesischen und der deutschen Kultur, meint Jingchun Lin. Und sie erzählt lachend die Geschichte von dem Sprudelwasser. Sie war auf einem Schüleraustausch in Deutschland, ihre Gastfamilie bot ihr nach ihrer Ankunft kohlensäurehaltiges Wasser an. „Das hatte ich zuvor noch nie getrunken, ich war nervös, es schmeckte furchtbar. Ich habe mich jedoch nicht getraut, das zu sagen.“ Also trank sie es mit scheinbarem Genuss – und bekam von da an jeden Tag Sprudelwasser angeboten.

Jingchun Lin, die alle nur Posa nennen, ist in der 12-Millionen-Einwohnerstadt Shenzen unweit von Hong Kong aufgewachsen. Der zweimonatige Schulaustausch mit einem Gymnasium in Mönchengladbach war für die damals 16-jährige ihre erste Auslandserfahrung – es war eine nachhaltige. Sie lernte im Laufe der Zeit nicht nur das Sprudelwasser schätzen, sondern auch ihr Gastland. So sehr, dass sie sich entschied, in Deutschland zu studieren.

Vor drei Jahren, im Sommer 2018, schrieb sich Posa für das Foundation Year Programm an der Jacobs University in Bremen ein, eine Art Schnupperstudium, in dem die Studierenden Erfahrungen in unterschiedlichen Fächern machen. Dieses Orientierungsjahr gefiel ihr so gut, dass sie beschloss, in Bremen zu bleiben. „Die Jacobs University ist eine Top-Universität, ich fühle mich sehr wohl hier“, sagt sie. Besonders die Diversität und die Internationalität auf dem Campus mit Studierenden aus über 100 Nationen haben es ihr angetan. „Im Unterricht treffe ich auf Studierende aus Jordanien, den USA, Schottland oder Deutschland. Im Austausch mit ihnen lerne ich viel.“

Posa studiert „International Business Administration“. Das Studienfach wählte sie auch deshalb, weil sie mit ihrem chinesischen Hintergrund und ihren Erfahrungen mit der westlichen Kultur helfen will, Brücken zwischen China und Deutschland zu bauen. Viele deutsche Firmen wollen in China investieren, haben aber oft mit kulturellen Hindernissen zu kämpfen. „Die Unterschiede zwischen unseren Ländern sind in vielerlei Hinsicht groß“, meint sie. „Ich hatte immer den Traum, zwischen beiden Kulturen zu vermitteln.“
Als Inhaber einer Konstruktionsfirma ist ihr Vater selber Unternehmer – und auch die 22-Jährige ist seit kurzem unternehmerisch tätig. Mit Unterstützung von Tilo Halaszovich, Professor für Global Markets and Firms, und der Jacobs University hat sie einen Kiosk auf dem Campus gegründet. Diese Idee wurde zu Beginn der Covid-19 Pandemie geboren, als sie den Bedarf für ein Lebensmittelgeschäft direkt auf dem Universitätsgelände sah. „Ich liebe die Jacobs University und möchte der Community etwas zurückgeben“, sagt sie.

Seit einigen Wochen hat der „StuPo“ Kiosk täglich geöffnet. Die Resonanz ist ausgesprochen positiv. Studierende und Mitarbeitende nutzen ihn.Und selbstverständlich sind auch die Nachbarn der Jacobs University herzlich willkommen. Ein Team aus acht studentischen Mitgliedern hat Posa rekrutiert, dass sich um den Einkauf, die Abrechnungen oder die Steuern kümmert und einen Social Media Account betreibt. Gut 200 Alltagsprodukte sind im Angebot.

Doch der Kiosk ist nicht nur ein Kiosk, sondern auch ein Start-up-Projekt. „Mit ihm ist viel mehr verbunden als nur der Verkauf von Produkten“, erzählt sie. Genehmigungen mussten eingeholt, lokale Lieferanten gesucht und das Finanzamt auf dem Laufenden gehalten werden. Den Herausforderungen als Unternehmerin und Studierende stellt sie sich mit Leidenschaft und Begeisterung. „Wenn man in Deutschland ein erfolgreiches Unternehmen führt, gelingt einem das auf der ganzen Welt“, sagt sie lachend.

Posa schätzt es, ihre Zeit und ihren Tag zu planen. Vor Covid-19 ging sie morgens täglich um 5.30 Uhr zum Workout ins Fitness-Studio. Jetzt macht sie ihre Übungen in ihrem Zimmer und liest dafür wieder mehr: Sachbücher über Entscheidungsfindung, Kreativität oder digitales Lernen etwa. Und dann ist da ja auch ihr Job als wissenschaftliche Assistentin bei Tobias ten Brink, Professor für Chinesische Wirtschaft und Gesellschaft an der Jacobs University. Sie unterstützt ihn bei einem Forschungsprojekt über die Herausforderungen, die das aktuelle chinesische Wirtschaftswachstumsmodell bewältigen muss, insbesondere der innovative Sektor.

Ihr nächster Schritt führt sie für ein Auslandssemester an die University of Warwick nach England. Ihr Team wird den Kiosk weiterführen, für den es natürlich auch schon weitere Pläne gibt. Im Sommer 2022 will Posa dann graduieren. Und auch für die Zeit danach hat sie schon einen Plan: Eine der Top-Business Schools besuchen und ihren Master ablegen.
 
https://www.instagram.com/stupo.kiosk/


Dieser Text ist Teil der Serie "Faces of Jacobs", in der die Jacobs University Studierende, Alumni, Professoren und Mitarbeiter vorstellt. Weitere Folgen sind unter www.jacobs-university.de/faces/de zu finden.
 

Über die Jacobs University Bremen:
In einer internationalen Gemeinschaft studieren. Sich für verantwortungsvolle Aufgaben in einer digitalisierten und globalisierten Gesellschaft qualifizieren. Über Fächer- und Ländergrenzen hinweg lernen, forschen und lehren. Mit innovativen Lösungen und Weiterbildungsprogrammen Menschen und Märkte stärken. Für all das steht die Jacobs University Bremen. 2001 als private, englischsprachige Campus-Universität gegründet, erzielt sie immer wieder Spitzenergebnisse in nationalen und internationalen Hochschulrankings. Ihre mehr als 1.500 Studierenden stammen aus mehr als 110 Ländern, rund 80 Prozent sind für ihr Studium nach Deutschland gezogen. Forschungsprojekte der Jacobs University werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder aus dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der Europäischen Union ebenso gefördert wie von global führenden Unternehmen.

Kontakt:
Heiko Lammers | Corporate Communications & Public Relations
h.lammers [at] jacobs-university.de | Tel.: +49 421 200-4532