Ein Tausendsassa: Francesco Maurelli ist Robotikexperte, Unternehmer und nun Mitglied der Global Young Academy
Kein Zweifel, Francesco Maurelli weiß, wie Multitasking geht. Der Professor für Marine Systeme mit Schwerpunkt Marine Robotik an der Constructor University ist in erster Linie Forschender und Lehrender. Aber er ist auch Unternehmer, Esperanto-Protagonist, engagiert sich für die Vereinten Nationen und die European Vegetarian Union, um nur einige Aktivitäten zu nennen. Kürzlich wurde der 39-Jährige zudem in die renommierte Global Young Academy berufen, die bei der Deutschen Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina angesiedelt ist.
Die Mitglieder der Global Young Academy (GYA) werden auf Basis wissenschaftlicher Exzellenz ausgewählt, ihre Zahl ist auf 200 begrenzt, sie sind für fünf Jahre bestellt. Ziel der internationalen Gesellschaft ist es, jüngeren Wissenschaftler:innen eine Stimme zu geben und den disziplinübergreifenden Dialog auf internationaler Ebene zu fördern. „Damitpasst die GYA ziemlich gut in das, was ich bisher gemacht habe“, sagt Maurelli.
Zusammenarbeit, über Grenzen hinweg den Austausch zu fördern, Menschen unterschiedlichster Herkunft miteinander zu verbinden – das ist dem gebürtigen Italiener, der sich als Europäer versteht, seit jeher wichtig. Und das dem so ist, hat viel mit seiner Faszination für Esperanto zu tun. Maurelli spricht die Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Weltsprache nicht nur, er war und ist in verschieden Vorstandsfunktionen im Welt-Esperanto-Verband aktiv. Esperanto soll Sprachbarrieren überwinden helfen und Völker verbinden, die Sprache wird von Menschen in mehr als 120 Ländern gesprochen. „Auf wissenschaftlichen Kongressen gruppieren sich die Teilnehmenden häufig entlang ihrer Nationalität. Bei Esperanto-Treffen ist das anders“, erzählt Maurelli, „Die Sprache bringt Menschen, unabhängig ihrer Nationalität und Bildung, zusammen. Das empfinde ich als sehr bereichernd.“
Im kommenden Jahr wird der Welt-Esperanto-Kongress erstmals in einem afrikanischen Land ausgetragen, in Tansania. Maurelli wird wohl in diesen Tagen hinreisen, um die Esperanto-Gemeinschaft bei der Organisation zu unterstützen, denn er ist ohnehin in der Nähe. In Kigali, der Hauptstadt von Ruanda, organisierte die GYA vergangene Woche ihr alljährliches Treffen. Dort wurden die neuen Mitglieder offiziell in die Akademie aufgenommen.
Von der Welt hat Maurelli einiges gesehen: Er hat in Rom, Liverpool und Edinburgh studiert, an der Heriot-Watt University in Schottland, der Technischen Universität München und dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA geforscht. Zudem engagiert er sich immer wieder für nationalitätenübergreifende Zusammenarbeit. Etwa im Europäischen Jugendforum der Europäischen Union und als Redner auf zahlreichen Veranstaltungen der Vereinten Nationen.
So war es fast folgerichtig, dass er 2017 an die Constructor University in Bremen wechselte, auf deren Campus Studierende aus mehr als 110 Nationen zusammenleben. „Die Universität ist tatsächlich ein Fenster zur Welt, das ist mehr als ein Slogan“, meint Maurelli. „Die Studierenden entwickeln sich innerhalb von drei Jahren zu Weltbürger:innen. Darauf bin ich stolz.“ Ausschlaggebend für die Entscheidung aber waren akademische Gründe. Mit dem Ocean Lab verfügt die Constructor University über eine sehr gute Infrastruktur für die marine Robotik. Zudem ist Bremen mit seinen zahlreichen Forschungseinrichtungen und Unternehmen ein Leuchtturm der Unterwasserrobotik in Deutschland. „Hier passiert ganz viel“, sagt Maurelli.
Roboter unter Wasser Aufgaben erledigen zu lassen, ist herausfordernd. Sie können für ihre Ortung kein GPS nutzen, die Sicht ist schlecht, sie haben mit Strömungen zu tun und fahren sie einen Arm aus, verändert sich ihr Schwerpunkt. Und doch sollen sie möglichst autonom und nicht länger von Menschen gesteuert handeln, etwa bei der Überprüfung von Pipelines und Kabeln oder Rissen im Mauerwerk von Staudämmen. Ein derartiges Projekt leitet Maurelli in Pakistan. „Der Trend geht von der Inspektion zur Intervention“, sagt er.
Es ist diese Vielfalt an Aufgaben in der Unterwasserrobotik, die ihn reizt. Und dass er viel unterwegs ist: „Ich bin nicht gemacht für feste Arbeitszeiten.“ Für die Lehre setzt er auch Überwasserfahrzeuge ein: Enten, genauer gesagt, gelbe Quietscheenten. Sie leben in „Duckietown“, einer Stadt, durch die sich autonom fahrende Autos bewegen, die „Duckiebots“. Maurelli möchte junge Menschen, insbesondere Frauen und Mädchen, für die Robotik begeistern. Dafür kooperiert er in einem Projekt mit Bremer Schulen, die per Fernsteuerung auf die Infrastruktur im Ocean Lab der Constructor University zugreifen können.
Das alles wäre genug an Aktivität für ein Leben, aber Maurelli hat noch mehr zu bieten. Mit der „Kosmo Strategio Ltd“ hat er während seiner Zeit in Schottland ein Unternehmen gegründet, das sich auf Förderanträge innerhalb der EU, Projektmanagement und Weiterbildung spezialisiert hat und inzwischen vier Mitarbeitende zählt. Er war Präsident der European Vegetarian Union und ist dort immer noch im Vorstand. Und als Mitglied des Fakultätsrats engagiert er sich für die Zukunft der Constructor University.
Dann steht da noch eine besondere Aktivität auf seiner To-do-Liste: die Beantragung der deutschen Staatsbürgerschaft. Das sei eine Frage der Identität, er möchte auch gerne wählen in Deutschland. „Ich habe mein ganzes Berufsleben außerhalb von Italien verbracht“, sagt Maurelli. „Ein Land repräsentiert nicht, was ich bin.“ Wenn es möglich wäre, würde er eine andere Staatsbürgerschaft beantragen: die für die ganze Welt.
Dieser Text ist Teil der Serie "Faces", in der die Constructor University Studierende, Alumni, Professoren und Mitarbeiter vorstellt.
Über Constructor University:
Eine internationale Gemeinschaft, dynamisch und divers. Akademische Exzellenz, die höchste Standards in Forschung und Lehre gewährleistet. Studierende, die lernen, anhand ihres Wissens und Wissenschaft Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit zu schaffen: Constructor University ist eine private, top-gerankte, englischsprachige Universität. 2001 gegründet, bietet sie auf ihrem Campus mehr als 25 Studiengänge sowie Promotionsstellen an. Das Constructor-Ecosystem umfasst die Constructor University in Bremen und ein Institut im schweizerischen Schaffhausen.
Über 1.800 Studierende aus mehr als 110 Nationen profitieren von einer einzigartigen, interdisziplinären, akademischen Ausbildung mit hohem Praxisbezug. Eine lebendige Unternehmenskultur bereitet junge Fachkräfte auf eine erfolgreiche Karriere und den Eintritt in den globalen Arbeitsmarkt vor. Mit über 6.000 Alumni weltweit wächst unsere Gemeinschaft zudem stetig.
Die forschungsorientierten Projekte der Fakultät werden durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation gefördert, wie auch von weltweit führenden Unternehmen.
Das Constructor-Ecosystem profitiert von Partnerschaften mit hochrangigen Universitäten wie Carnegie Mellon, der Universität Genf oder der National University of Singapore School of Computing sowie mit Technologieunternehmen wie Anisoprint, JetBrains und ChemDiv.
Constructor ist eine globale Institution, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die wichtigsten Herausforderungen der Gegenwart anhand von Wissenschaft, Bildung und Technologie zu lösen. Neben der Universität in Bremen und einem Institut in Schaffhausen (Schweiz) stützt sich das Ecosystem auf mehrere, for-profit Unternehmen, die technologische Infrastrukturen, Programme für lebenslanges Lernen, Beratungsdienste und Finanzierung anbieten.