Die ganze Erde im Blick
Prof. Dr. Michael Bau in seinem Büro an der Jacobs University. Foto: Jacobs University
09. August 2018
Die ältesten der zahlreichen Steine, die sich im Büro von Prof. Dr. Michael Bau an der Jacobs University Bremen befinden, sind mehr als 3,8 Milliarden Jahre alt. Sie haben sich auf dem Boden eines frühen Ozeans gebildet, Bau hat sie von einer Expedition in den Westen Grönlands mitgebracht. Für Geochemiker sind die Steine das, was für Ägyptologen die Hieroglyphen sind: Sie können sie lesen, sie dienen als Archive, geben Auskunft über die Umweltbedingungen zu der Zeit ihrer Entstehung, über die chemische Zusammensetzung des Meerwassers und der Atmosphäre. Wobei Bau keinen Zweifel daran lässt, dass die Geowissenschaft viel mehr ist als das Sammeln von Steinen. „Süßwasser“, sagt er, „ist der wichtigste Rohstoff der Erde.“ Nur lässt es sich halt schlechter in Regalen aufbewahren.
Bau ist seit 15 Jahren Professor für Geowissenschaften an der Jacobs University, er hat den Fachbereich wesentlich mit aufgebaut und koordiniert den vielfach ausgezeichneten geowissenschaftlichen Studiengang „Earth and Environmental Sciences“. Seine Studierenden bauen Brücken zwischen damals und heute, zwischen Umweltschutz und Nutzung von Rohstoffen. Sie befassen sich sowohl mit den Umweltbedingungen während der Frühzeit des Planeten, als das System Erde mit seinen Gesteinen und Lebewesen entstand, als auch mit dem Auffinden von Metalllagerstätten und den Auswirkungen dieser Metalle auf die Umwelt. „Umweltschutz und Rohstoffversorgung gehen Hand in Hand“, betont Bau.
Der 57-Jährige forscht vor allem über kritische Rohstoffe wie die Seltenen Erden, Niob, Gallium, Lithium und Scandium und deren Verhalten in der Umwelt. Kritisch deshalb, weil sie rar sind, oft in entlegensten Ecken in politisch instabilen Regionen gefördert werden, zugleich aber unverzichtbar sind für moderne Schlüsseltechnologien wie Wind- und Sonnenenergie, Elektromobilität oder leichte Werkstoffe für den Flugzeug- und Fahrzeugbau. „Jedem sollte klar sein: regenerative Energien brauchen nicht-regenerative Metalle“, sagt Bau.
Manche dieser Metalle gelangen in die Umwelt wie etwa das Gadolinium. Es stammt aus Rückständen von Kontrastmitteln, die in der medizinischen Diagnostik verwendet werden und kommt über das gereinigte Abwasser in Flüsse, Seen und auch in das Trinkwasser. „In Deutschland haben wir keinen Fluss ohne Kontrastmittel-Gadolinium mehr gefunden und selbst in Südamerika und Afrika konnten wir es mittlerweile nachweisen“, sagt Bau. Gefährlich für den Menschen ist es nicht, aber es dient als Indikator für die Existenz gesundheitsgefährdender Stoffe, die zum Beispiel im Trinkwasser schwieriger nachzuweisen sind.
, Dr. Michael Bau ist Professor für Geowissenschaften an der Jacobs University. Foto: Jacobs University
Zwei bis drei Monate im Jahr ist Bau unterwegs, seine Reisen führen ihn nach Südafrika, Brasilien, Marokko, die Philippinen oder nach Grönland zur Probennahme für Forschungsprojekte. Die Proben, ob aus Stein oder Wasser, sind das A und O für einen Geowissenschaftler. „Wir arbeiten nicht nur im Labor, sondern eben auch in der Natur, im Gelände, bei Wind, Regen, Hitze, und Kälte. Jede geowissenschaftliche Studie ist nur so gut wie der untersuchte Probensatz – und dafür muss auch bei widrigen Bedingungen sauber gearbeitet werden“, betont Bau.
Die richtigen Techniken der Beprobung bringt Bau auch seinen Studierenden bei, allerdings auf Exkursionen zu naheliegenderen Zielen wie dem Harz, der Eifel oder nach Irland. Diese praktische Ausbildung ist ein wesentlicher Bestandteil des Studiums. Bau gibt zudem Kurse in Geologie und Geochemie, betreut eine Reihe von Doktoranden. Seine ehemaligen Studierenden bleiben meist der Wissenschaft treu, einige sind inzwischen selbst Professoren und lehren an renommierten Universitäten.
Im Januar 2003 fing Bau an der Jacobs University an, die damals noch International University Bremen hieß. Er hatte zuvor in den USA am NASA Penn State Astrobiology Research Center in Pennsylvania geforscht. Es war das Konzept einer internationalen, multikulturellen, englischsprachigen Campus-Universität, interdisziplinär ausgerichtet mit einem intensiven Betreuungsverhältnis, das ihn überzeugte – und das tut es heute noch.
„Geowissenschaftler beschäftigen sich mit der ganzen Erde und müssen deshalb multikulturell und weltoffen sein – ein moderner Studiengang wie Earth and Environmental Sciences ist daher für die Jacobs University perfekt geeignet“, sagt er. Und tatsächlich schneidet der Studiengang in Hochschul-Rankings immer wieder herausragend ab. Bau hat dafür noch eine andere Erklärung: „Egal ob Professoren, wissenschaftlich-technisches Personal oder Verwaltungsmitarbeiter, wir sind an der Jacobs University alle mit Überzeugung und Herzblut dabei“, sagt er. „In diesem engagierten multikulturellen Umfeld arbeiten und studieren zu können, das ist einfach toll.“
Dieser Text ist Teil der Serie "Faces of Jacobs", in der die Jacobs University Studierende, Alumni, Professoren und Mitarbeiter vorstellt. Weitere Folgen sind unter www.jacobs-university.de/faces/de zu finden.
Weitere Informationen:
https://www.jacobs-university.de/directory/mbau
http://earth.user.jacobs-university.de
https://www.jacobs-university.de/study/undergraduate/programs/earth-and-environmental-sciences
Über die Jacobs University Bremen:
In einer internationalen Gemeinschaft studieren. Sich für verantwortungsvolle Aufgaben in einer digitalisierten und globalisierten Gesellschaft qualifizieren. Über Fächer- und Ländergrenzen hinweg lernen, forschen und lehren. Mit innovativen Lösungen und Weiterbildungsprogrammen Menschen und Märkte stärken. Für all das steht die Jacobs University Bremen. 2001 als private, englischsprachige Campus-Universität gegründet, erzielt sie immer wieder Spitzenergebnisse in nationalen und internationalen Hochschulrankings. Ihre fast 1400 Studierenden stammen aus mehr als 100 Ländern, rund 80 Prozent sind für ihr Studium nach Deutschland gezogen. Forschungsprojekte der Jacobs University werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder dem Europäischen Forschungsrat ebenso gefördert wie von global führenden Unternehmen.