Dr. Julia Timpe: „Unterrichtet mit Leidenschaft und Hingabe“
Dr. Julia Timpe unterrichtet Neuere und Neueste Geschichte an der Jacobs University. (Quelle: Jacobs University)
23. April 2020
Irgendetwas scheint sie richtig zu machen: „Außergewöhnlich gut strukturiert und vorbereitet“ – „Extrem engagiert und fair zu ihren Studierenden“ – „Unterrichtet mit Leidenschaft und Hingabe“. Einmal im Jahr küren die Studierenden der Jacobs University die besten Hochschullehrer. Im vergangenen Jahr holte die Historikerin Dr. Julia Timpe im Bereich „Diversity“ diesen Titel, einem der drei Schwerpunktbereiche der Universität. Und das bereits zum zweiten Mal. Das Coronavirus hat auch ihren Unterricht verändert.
Über die Bestätigung durch ihre Studierenden freut sich die 39-jährige natürlich. „Ich hab‘ niemanden bestochen und bin ich auch ein bisschen stolz darauf“, sagt sie lachend. „Die Studierenden sollen etwas mitnehmen aus dem Unterricht. Ich versuche ihn anregend und unterhaltsam zu gestalten, versuche die Studierenden zu integrieren und mit ihnen ins Gespräch zu kommen und auch sicherzustellen, dass möglichst alle etwas beitragen.“
Julia Timpe unterrichtet Neuere und Neueste Geschichte. Sie hat unter anderem in den USA studiert und gelehrt, an der Brown University und an der renommierten Harvard University. Und zwar Geschichte und auch Deutsch als Fremdsprache für Amerikaner, die am Anfang noch kein Wort der Sprache beherrschten. „Da musste ich interaktiv sein und mir neue Wege ausdenken, die Studierenden zu erreichen. Diesen Ansatz habe ich beibehalten.“
Die Studierenden werden zum Beispiel aufgefordert, ihr Fragen zur Kurslektüre zu schicken, die in den Seminaren dann aufgegriffen, über die diskutiert wird. Sie setzt visuelle Elemente ein wie Karikaturen oder kurze Filme, und sie versucht klar und gut ihre Vorgehensweise zu erklären. „Die Studierenden und ich haben ein gemeinsames Ziel, wir wollen Inhalte gemeinsam erarbeiten“, sagt sie. „Sie sollen verstehen, warum ich was mache – und mitmachen.“
Das alles sei kein Hexenwerk, meint Timpe. Der Unterricht lief auch in diesem Jahr gewohnt gut – und dann kam der Coronavirus. Innerhalb einer Woche stellte die Jacobs University – und mit ihr Julia Timpe – im März auf Onlinebetrieb um, eine Herkulesaufgabe für alle. „Die Herausforderung war und ist sich zu überlegen, wie wir unsere Lehrziele unter den veränderten Bedingungen erreichen können“, erzählt sie. Die Historikerin nahm ihre Vorlesungen auf, unterteilte sie in etwa 20-minütige Blöcke und streamt sie nun bis auf Weiteres. Die Diskussionen in den Seminaren werden weitergeführt, indem ihre Studierenden per Videokonferenzen zusammenkommen.
Das ist nicht nur arbeitsintensiv. Auch die Gruppenarbeit der Studierenden, die Interaktion mit ihnen, bleibt ein Stückweit auf der Strecke. Die Jacobs University ist eine Campus Universität, die Studierenden wohnen zusammen, essen zusammen, besuchen gemeinsam Lehrveranstaltungen, sind in engem Austausch mit ihren Lehrenden. „Dieser Zusammenhalt macht uns aus“, meint Julia Timpe. Jetzt aber sind die Präsenzveranstaltungen ausgesetzt, einige Studierende sind zurück in ihre Heimatländer gereist. „Der Online-Unterricht kann nicht ersetzten, was wir vorher hatten. Er funktioniert gut, aber nur für eine begrenzte Zeit.“
Dass sie nach einer Station an der Universität Bremen 2016 an die Jacobs University wechselte, hat auch mit diesem Campus zu tun, mit den Begegnungen, die er ermöglicht. „Ich komme mir vor als wäre ich wieder an einer amerikanischen Universität, lebe aber in meiner Heimat Deutschland. Diese Mischung ist toll für mich“, sagt Timpe, die in Niedersachen aufwuchs. Insbesondere die Internationalität der Studierenden, die aus über 120 Nationen stammen, hat es ihr angetan. „Internationale Gruppen sind extrem spannend und wertvoll. Egal welches Thema gerade diskutiert wird, man bekommt immer unterschiedliche Perspektiven zu hören. Das ist ausgesprochen bereichernd.“
Doch Julia Timpe lehrt nicht nur. Als Sprecherin des Fakultätsrats und Mitglied im Akademischen Senat engagiert sie sich auch in den akademischen Gremien der Jacobs University. Zudem wirkt sie mit bei der Koordinierung des Studiengangs International Relations: Politics und History (IRPH). Und sie forscht. Ihr besonderes Interesse gilt der Alltagsgeschichte im NS-Regime. Über die Aktivitäten und Propaganda der nationalsozialistischen Freizeitorganisation „Kraft durch Freude“ (KdF) im Dritten Reich hat sie ein Buch veröffentlicht.
Derzeit beschäftigt sie sich auch mit Möglichkeiten und Herausforderungen der Digitalen Geisteswissenschaften und Digitalen Geschichtswissenschaften, besonders im Hinblick auf die Forschung zum „Dritten Reich“ und zum Zweiten Weltkrieg. Sie ist an einem Projekt der Jacobs Robotics Group, geleitet von Prof. Dr. Andreas Birk, zur digitalen Erfassung des U-Boot-Bunkers Valentin in Bremen-Farge beteiligt. Ein weiteres interdisziplinäres Forschungsprojekt zur Untersuchung der Raumgeschichte des Nationalsozialismus in Bremen mit Methoden der Digitalen Geschichtswissenschaft ist in Planung. Dabei soll unter anderem eine digitale Karte zu Orten des Nationalsozialismus in Bremen entwickelt werden. Man könnte sagen: Die Digitalisierung hat Julia Timpe derzeit ganz gut im Griff.
Dieser Text ist Teil der Serie "Faces of Jacobs", in der die Jacobs University Studierende, Alumni, Professoren und Mitarbeiter vorstellt. Weitere Folgen sind unter www.jacobs-university.de/faces/de zu finden.
Über die Jacobs University Bremen:
In einer internationalen Gemeinschaft studieren. Sich für verantwortungsvolle Aufgaben in einer digitalisierten und globalisierten Gesellschaft qualifizieren. Über Fächer- und Ländergrenzen hinweg lernen, forschen und lehren. Mit innovativen Lösungen und Weiterbildungsprogrammen Menschen und Märkte stärken. Für all das steht die Jacobs University Bremen. 2001 als private, englischsprachige Campus-Universität gegründet, erzielt sie immer wieder Spitzenergebnisse in nationalen und internationalen Hochschulrankings. Ihre mehr als 1.500 Studierenden stammen aus mehr als 120 Ländern, rund 80 Prozent sind für ihr Studium nach Deutschland gezogen. Forschungsprojekte der Jacobs University werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder aus dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der Europäischen Union ebenso gefördert wie von global führenden Unternehmen.
Kontakt:
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