„Ein Wechsel in eine andere Etage im gleichen Haus“

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Prof. Dr. Arvid Kappas photo

Prof. Dr. Arvid Kappas beendet sein Dekanat an der Constructor University. „Nach 10 Jahren kann unser längst-dienender Dekan, Prof. Dr. Kappas, zahlreiche Errungenschaften und Beiträge zur Weiterentwicklung unserer Universität verzeichnen. Diese sind unverkennbar und werden nachhaltig nachwirken“, so Dr. Stanislav Protasov, Präsident der Universität. „Wir möchten uns von Herzen bei ihm für seinen unermüdlichen Einsatz bedanken und wünschen ihm viel Erfolg bei seinen neuen Herausforderungen“. Prof. Kappas widmet sich nun wieder vollständig der Lehre und Forschung – und resümiert im Gespräch nochmal die wichtigsten Meilensteine aus seiner Zeit an der Uni.

Sie sind im Jahre 2003 an die Constructor University in Bremen gekommen – nach einigen internationalen Stationen wie den USA, der Schweiz und Kanada. Wieso ging es für Sie zurück nach Deutschland? 

Interessanterweise hatte ich eigentlich gar keine große Lust, nach Deutschland zurückzukehren. Ich empfand nämlich die staatlichen Universitäten dort immer als ein bisschen steif und hierarchisch. Ich erinnere mich, wie ich als Student auf einer Konferenz war und eine Gruppe sehr wichtiger Professor*innen an mir vorbeischwebte. Ich hatte dort das Gefühl, dass ich niemals mit ihnen sprechen könnte.  Als ich dann für meine Promotion in Amerika war, erlebte ich etwas völlig anderes:  Die Professor*innen waren wirklich zugänglich und sehr hilfsbereit. Man konnte einen direkten Bezug zu ihnen aufbauen, und das verstärkte in mir das Gefühl, das ist genau das, was ich eigentlich machen will.

Was hat sie dann genau nach Bremen geführt?

Nach meiner Promotion in den USA, meinem Post-Doc in der Schweiz und diversen Lehrpositionen in Kanada und UK, habe ich mich in Europa umgeschaut. Ein Arbeitskollege machte mich auf eine Anzeige einer neuen, privaten Universität in Bremen aufmerksam. Ich fand, sie klang sehr interessant, vor allem weil es sich um eine Campus-Universität mit englischsprachiger und transdisziplinärer Ausrichtung handelte. Das war 2002. Da ich einen sehr internationalen Hintergrund hatte, sowohl durch meine Studien als auch durch verschiedene Arbeitskontexte, dachte ich: „Vielleicht kann ich da ja was beitragen.“  

Was war Ihre erste Aufgabe an der Constructor University (ehemals Jacobs University)?

Meine erste Aufgabe an der Universität war die Planung der sozialwissenschaftlichen Labore. Unser damaliger Gründungsdekan, Max Kaase, sagte mir: „Diese Universität hat gerade ihre naturwissenschaftlichen Labore fertiggestellt. Jetzt ist der Zeitpunkt, die sozialwissenschaftlichen Labore aufzubauen. Denn auch Sozialwissenschaftler arbeiten empirisch.“ Ich fand es wirklich toll, dass die Universität einen Schwerpunkt auf empirische und fachübergreifende Studien in den Sozialwissenschaften legte. Das heißt, in der Praxis wurde zum Beispiel Psychologie mit anderen Sozialwissenschaften, oder auch mit den biologisch orientierten Wissenschaften, verknüpft. Für die Planung der Labore interviewte ich dann die Kolleg*innen diverser Disziplinen und erstellte dann die Pläne. Es war wirklich toll, von Anfang an, an dieser Aufgabe beteiligt zu sein.

Stimmt es, dass sie sogar den allerersten Jahrgang im Unterricht noch erwischt haben?  

Ja das stimmt. Bis 2014 hatte ich sogar das Gefühl, dass ich fast jeden Psychologiestudierenden in mindestens einem Kurs unterrichtet habe.  

Insgesamt sind Sie seit über 20 Jahren an der Constructor University, davon seit 10 Jahren als Dekan – wie hat sich die Universität aus ihrer Sicht weiter entwickelt?  

Als ich 2014 zum Dekan ernannt wurde, stand die Universität gerade vor einem Neuanfang. Eine meiner ersten Aufgaben war es, die gesamte Graduiertenausbildung neu zu booten. Das heißt, alle existierenden Programme wurden beendet und in einem neuen, kohärenten System aufgebaut. Diese Änderungen waren sehr erfolgreich; aber auch nicht ganz unkontrovers. Es war uns wichtig, dass wir Masterprogramme anbieten, die für Studierende attraktiv sind. Besonders gefragt waren Programme wie Supply Chain Management oder Data Engineering. Das war damals cutting edge – heute kennen wir es als Künstliche Intelligenz und Machine Learning.

Was waren für Sie Prioritäten, die Sie als Dekan vorangetrieben haben?

Mir persönlich war es wichtig, dass wir bei unserer Fakultät nicht nur einen Fokus auf exzellente Forschung, sondern auch auf Lehre legen – so habe ich beispielsweise darauf hingewirkt, dass bei der Auswahl von Faculty auch standardisierte Teaching Samples berücksichtigt wurden. Außerdem war mir Transdisziplinarität ein großes Anliegen, denn es gibt Themen, die nicht nur einer Disziplin zuzuordnen sind. Mein Hintergrund als Psychologe hat sicherlich dazu beigetragen, dass ich versucht habe, bestimmte Aspekte des Zusammenhalts und der Kontinuität zu unterstützen.  

Sind Sie in Ihrer Zeit als Dekan auch zu Lehre und Forschung gekommen?

Die Kontakte zu den Studierenden waren mir immer wichtig. Die Arbeit als Dekan ist jedoch rein administrativ ausgerichtet und so umfassend, dass es mir nicht mehr möglich war, zu unterrichten. Die Forschung habe ich in einem kleinen Umfang weitergeführt. Ich durfte auch in den vergangenen Jahren bei spannenden Projekten teilnehmen: 2016 wurde ich beispielsweise zur Consumer Electronics Show in Las Vegas eingeladen, um in einem Panel über „Transforming Education“ und über meine Forschung zur Verwendung von Robotern im Unterricht zu sprechen. Als Emotionsforscher, das ist mein eigentlicher Schwerpunkt, geht es darum, wie Maschinen und Menschen besser miteinander umgehen können. Dieses Thema hat sich auch wie ein roter Faden durch die letzten Jahre meiner Arbeit gezogen.

Was wird Ihnen aus Ihrer Zeit als Dekan am stärksten in Erinnerung bleiben?  

Abgesehen von der Aufgabe die Universität in kürzester Zeit in der Pandemie online zu führen, wird mir sicher auch ein bestimmter zeremonieller Aspekt meiner Rolle einen besonderen Platz in meinem Herz haben. Ich hatte schon immer einen besonderen Bezug zu bestimmten Zeremonien. Ich habe zum Beispiel schon von Anfang an meinen Talar zur Eröffnung getragen und mich auch dann für die Einführung der Abschlussroben für die Studierenden eingesetzt. In den letzten Jahren bürgerte es sich auch ein, dass ich als Dekan das Semester eröffne. Nach den ganzen Reden diverser Stakeholder, bat ich dann immer die Studierenden, einen Moment innezuhalten, alles auszublenden und über die Bedeutung dieses Moments nachzudenken. Es ist der Zeitpunkt, an dem sie das Kapitel Studium beginnen. Bei der Graduation habe ich Ihnen diesen Moment dann nochmal ins Gedächtnis gerufen. Sie sollten sich nochmal vor Auge führen, dass sie dieses Kapitel nun beendet haben – und sozusagen die Klammer schließen.  

Und auch für Sie schließt sich nun gewissermaßen eine Klammer…

Naja, ich gehe ja noch nicht weg, sondern bleibe der Universität weiterhin erhalten. Für mich ist es weniger eine Klammer schließen, sondern eher ein Wechsel in eine andere Etage im gleichen Haus. Nach zehn Jahren als Dekan dachte ich, dass dies ein guter Moment ist, um den Gang zu wechseln und neue Herausforderungen zu suchen.  

Wie sieht diese andere Etage für Sie dann aus?  

Zum einen werde ich mich auf meine Forschung konzentrieren. Es ist eine spannende Zeit für die Sozialpsychologie, um zu untersuchen, wie Menschen mit intelligenten Robotern interagieren. Das ist ein relativ neues Feld, und es gibt nur sehr wenige Psychologen, die zu diesem Thema arbeiten. Außerdem werde ich mich wieder der Lehre widmen können. Mein erster Kurs findet im nächsten Frühjahr statt und ist Teil der Onlinekurse im Constructor Track. In diesem Kurs wird es um Kommunikation und Interaktion gehen – Themen, die mir sehr am Herzen liegen. Da ich auch recht technologieaffin bin, habe ich durchaus Lust, asynchrone Onlinekurse zu entwickeln und mit diesem neuen Medium umzugehen. Ich hatte auch einmal vor, einen Podcast zu starten, aber ich hatte einfach keine Zeit dafür. Vielleicht habe ich nun etwas mehr Gelegenheit dafür… oder aber auch für meine Gitarren. 

Kontakt:
Prof. Dr. Arvid Kappas | Professor of Psychology
akappas@constructor.university | Tel.: +49 421 200-3441

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