Mehr Effektivität für Tiefseeroboter: Erfolgreicher Praxistest im Mittelmeer

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25. Juli 2017

Robotikexperten der Jacobs University arbeiten gemeinsam mit europäischen Kollegen daran, Unterwasserroboter mit neuen, automatisierten Funktionen auszustatten. Die Roboter, groß wie ein Lieferwagen, werden in der Tiefsee etwa bei wissenschaftlichen Forschungsexpeditionen oder in der Offshore-Produktion von Öl und Gas eingesetzt. An dem von der EU finanzierten Projekt mit dem Namen „DexROV“ (Effective Dexterous ROV Operations in Presence of Communications Latencies)“ sind vier Unternehmen und drei Forschungsinstitute aus sechs Ländern beteiligt. Die Leitung hat das belgische Unternehmen Space Applications Services.

Wann immer in tieferen, für Taucher unzugänglichen Gewässern Arbeiten durchgeführt werden müssen, kommen als „Remotely Operated Vehicles“ (ROV) bekannte, ferngesteuerten Unterwasserroboter zum Einsatz. Ausgestattet mit zwei starken Greifarmensind sie über ein langes Kabel zur Energie- und Informationsübertragung mit einem Schiff verbunden. Kontrolliert werden sie per Teleoperation, die Bediener bewegen das Fahrzeug und die Greifarme manuell mit verschiedenen Joysticks.

Zum Handling eines ROV ist eine ganze Reihe an Offshore-Spezialisten erforderlich. Meist besteht eine entsprechende Crew aus drei Personen, aus Missionsleiter, Piloten und Navigator, die das ROV vom Versorgungsschiff aus führen. Oft kommt weiteres Personal hinzu. Außerdem sind weitere Fachleute auf See zugegen, um zu beraten oder den Verlauf der Operation zu beobachten. Das verursacht hohe Kosten. 

Damit künftig weniger operative Aspekte offshore abgewickelt werden müssen, entwickelt DexROV, das von der EU im Rahmen des Bereichs „Blue Growth“ ihres H2020-Föderprogramms finanziert wird, Machbarkeitskonzepte, wie sich der Betrieb von ROVs kostengünstiger und zeitsparender gestalten lässt. Dazu werden verschiedene Funktionen automatisiert und die personelle Unterstützung weitgehend an Land verlegt, von einem ROV-Leitstand aus, der unter Umständen sehr weit vom tatsächlichen Einsatzort entfernt sein kann.

In einer Reihe von Tests werden die Projektergebnisse nun integriert und bewertet. Die ersten Feldversuche auf See fanden vom 26. Juni bis 7. Juli im Mittelmeer vor Marseille statt. Dabei kam das Schiff Janus-II des Projektpartners COMEX zum Einsatz, zu dessen Ausstattung ein entsprechender Roboter gehört. Die Projektpartner Graaltech und Jacobs University rüsteten diesen mit zwei Roboterarmen und einem intelligenten optischen System aus. Roboter, Greifarme und das Wahrnehmungssystem waren per Satellit mit einer Einsatzleitstelle in Brüssel verbunden, die vom Projektpartner Space Applications Services betrieben wurde.

Im DexROV-Projekt entwickelt die Jacobs Robotics Group 3D-Wahrnehmungs- und -Weltmodellierungssoftware, welche Fahrerassistenzfunktionen für die ROV-Piloten und die virtuelle Offshore-Präsenz ermöglicht. Die 3D-Wahrnehmung basiert auf einem Unterwasser-Stereo-Vision-System, das die Jacobs University im ersten Projektjahr entwickelt  hatte. Dazu entstand eine Hardware, die dem immensen Wasserdruck in der Tiefsee standhält. Damit Daten direkt im Roboter verarbeitet werden können, hat das System eine beträchtliche Rechenleistung an Bord.

So können aus den Daten dieses Sensorsystems beispielsweise gleich während des Einsatzes 3D-Karten erstellt werden, die nicht nur den Bedienern die Arbeit erleichtern. Sie ermöglichen es externen Fachleuten auch, per virtueller Realität am Einsatzort präsent zu sein. Interessant ist dies zum Beispiel bei wissenschaftlichen Anwendungen, weil Experten an Land am Einsatz teilnehmen können als wären sie an Bord, um die weitere Planung und Ausführung der Mission zu optimieren.

Darüber hinaus entwickelte Jacobs Robotics fortschrittliche Wahrnehmungsmethoden, durch die ROVs Aufgaben (semi-)autonom durchführen können, statt manuell von einer ganzen Crew hoch spezialisierter Piloten ferngesteuert zu werden. Dazu zählt zum Beispiel das Bedienen von Ventilen an Eruptionskreuzen mit den Greifarmen eines ROV – eine Aufgabe, die in der Öl- und Gasindustrie derzeit noch mehrmals täglich manuell per Teleoperation durchgeführt werden muss. Eruptionskreuze oder kurz E-Kreuze sind Anordnungen aus Rohrleitungen,Ventilen und Armaturen, die als Bohrlochabschluss Zugang zum Bohrloch ermöglichen und zur Kontrolle des Öl- bzw. Gasflusses dienen. Bei jeder Lagerstätte kommen Dutzende miteinander verbundener E-Kreuze zum Einsatz, die kontinuierlich unter Wasser gewartet werden müssen.

Die zweiwöchigen See-Feldversuche bei DexROV waren ein Erfolg. „Unsere Hardwarekomponenten und unsere Software haben sich unter den harschen Bedingungen des Praxistests auf See bewährt“, freut sich Prof. Dr. Andreas Birk, Leiter der Jacobs Robotics Group. Die Wissenschaftler waren während der Tests mit rauem Wetter konfrontiert, ein weiterer Grund, warum es von Vorteil sein kann, nur virtuell an Bord zu sei. „Es ist nicht nur logistisch einfacher und billiger“ meint Professor Birk augenzwinkernd, „man spart sich auch den teilweise unangenehm hohen Seegang.“


Weitere Informationen unter:
http://robotics.jacobs-university.de/people/birk  

Fragen beantwortet:
Dr. Andreas Birk | Professor of Computer Science & Electrical Engineering
a.birk [at] jacobs-university.de | Tel.: +49 421 200-3113
 
Über die Jacobs University:
Die Jacobs University ist eine private, unabhängige, englischsprachige Universität in Bremen. Hier studieren junge Menschen aus der ganzen Welt in Vorbereitungs-, Bachelor-, Master- und PhD-Programmen. Internationalität und Transdisziplinarität sind die besonderen Kennzeichen der Jacobs University: Forschung und Lehre folgen nicht einem einzigen Lösungsweg, sie gehen Fragestellungen aus der Perspektive verschiedener Disziplinen an. Dieses Prinzip macht Jacobs Absolventen zu begehrten Nachwuchskräften, die erfolgreich internationale Karrierewege einschlagen.

Kontakt:  
Thomas Joppig | Brand Management, Marketing & Communications
t.joppig [at] jacobs-university.de | Tel.: +49 421 200-4504

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