1600 Meter unter dem Meer
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1. September 2016
Unterwasservulkane spucken eine 300 Grad Celsius heiße Flüssigkeit aus, es wimmelt vor Leben und vor wertvollen Erzen mit Kupfer, Gold oder Zink: Für Andrea Koschinsky ist der Kermadec-Bogen, eine Unterwassergebirgskette nördlich von Neuseeland, eine der spannendsten Regionen der Erde. Ende des Jahres bricht die Professorin für Geochemie an der Jacobs University erneut in den Pazifik auf, als Leiterin eines interdisziplinären Forschungsvorhabens.
Schwarzer Rauch steigt auf vom Meeresboden, eine aggressive Brühe voller Mineralien, die rauchende Erzschornsteine formen oder auf den Boden rieseln. Rauch am Meeresboden? Eine Abschreckungsreaktion auf eine heiße unterirdische Zirkulationsquelle sei das, erklärt Andrea Koschinsky. Kaltes Meerwasser sickert in den Untergrund, wird von Magma erhitzt, wäscht das unterirdische Gestein mit seinen Mineralien aus, steigt wieder auf, trifft auf das kalte Meerwasser und wird als Rauchfahne sichtbar. „Wenn man sieht, wie diese 300 Grad heiße Lösung aus dem Meeresboden schießt, wie die ganze Lebenswelt unter diesen extremen Bedingungen überquillt, das ist schon spektakulär“, sagt die Wissenschaftlerin. Nicht minder fasziniert sie die Vielfalt der Region. Im pazifischen Kermadec-Bogen reiht sich ein unterirdischer Vulkan an den nächsten. Mal produzieren sie schwefelreiche-, dann wieder besonders gasreiche Lösungen. Jede nährt andere Lebensformen. Es ist nicht das Spektakel, das sie zum wiederholten Mal an das andere Ende der Welt führt. Es geht um das Verstehen und auch um das Nutzen. Wie funktioniert die Interaktion zwischen den Unterwasserlebenswelten, den heißen Quellen und den Mineralien? Wie weit verbreiten sich die Spurenmetalle, die etwa für das Wachstum von Plankton wichtig sind? Und welche Bedeutung haben sie für den globalen Stoffhaushalt der Meere? Und es geht um wertvolle Rohstoffe wie Kupfer, Eisen, auch Silber und Gold. In welcher Konzentration kommen sie vor? Lassen sie sich abbauen, ohne Schädigung der Umwelt? Der Tiefseebergbau ist ein Thema von hoher Priorität, so Koschinsky. Vor Papua-Neuguinea startet eine kanadisch-australische Firma vermutlich im kommenden Jahr mit dem weltweit ersten Unterwasserbergbauprojekt, die Bundesrepublik Deutschland verfügt über zwei Lizenzen für die Vorbereitung des Abbaus von Rohstoffen in der Tiefsee. Kurz vor Weihnachten wird Andrea Koschinsky mit dem Forschungsschiff „Sonne“ von Neukaledonien aus aufbrechen. Doch schon jetzt ist viel zu tun. Die Leiterin des Verbundprojektes mit sechs deutschen Partnerinstituten, zwei neuseeländischen Gruppen und einem Wissenschaftler aus den USA hat Arbeitsvisa zu besorgen, zum Beispiel. An Bord wird sie die wissenschaftlichen Arbeiten leiten und ist Kontaktperson für den Kapitän. In Wassertiefen zwischen 200 und 1600 Meter wird der Tiefseeroboter „Quest“ Proben nehmen. An die Forschungsfahrt schließt sich eine mehrjährige Auswertungsphase an – viel Futter für kommende Doktor-, Master- oder Bachelorarbeiten ihrer Studierenden. Einer der Bachelor-Studenten hat das Glück, mit auf die fünfwöchige Reise gehen zu dürfen, ebenso wie zwei ihrer Mitarbeiterinnen. Es ist die wohl fünfzehnte Expedition der Meeresforscherin, so ganz genau hat sie die Anzahl nicht im Kopf. Auf dem pazifischen, dem indischen und dem atlantischen Ozean war sie schon unterwegs. Dass es dazu kam, war ihrer ersten Forschungsreise zu verdanken, die sie Anfang der 1990er Jahre als Doktorandin der TU Clausthal ebenfalls in den Pazifik führte. „Das war ein prägendes Erlebnis. Damals gab es noch kein Internet da draußen, wir waren sechs Wochen von der Außenwelt fast komplett abgeschnitten.“ Es folgte die Habilitation und Lehre als Privatdozentin an der FU Berlin, bevor sie 2003 an die Jacobs University kam und dort gemeinsam mit Professor Dr. Michael Bau den Fachbereich Geowissenschaften aufbaute, vielfach ausgezeichnet in diversen Hochschulrankings. „Ich habe an der Jacobs University den für mich optimalen Standort gefunden, mit einem tollen Team, sehr guten internationalen Studierenden und einem außergewöhnlichen Forschungsumfeld. Wir kooperieren eng mit der Universität Bremen, dem Alfred-Wegener-Institut oder dem Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie.“ Im Labor steht die Wissenschaftlerin selbst kaum noch. Die Vorbereitung und Koordination von Forschungsvorhaben, die Auswertung und das Publizieren von wissenschaftlichen Ergebnissen, die Gremienarbeit und die Lehre nehmen sie in Beschlag. Gefragt, worauf sie sich in diesem akademischen Jahr freut, nennt sie das Fest der Heiligen Barbara, Schutzpatronin der Bergleute. Die Feier wird von den Studierenden kurz vor Weihnachten ausgerichtet, sie nehmen die Lehrenden dabei oft auf die Schippe. Die Verbindung zu den jungen Leuten ist eng, sie hält oft über das Studienende hinaus. Und sie freut sich auf den Studienbeginn. „Es ist immer wieder spannend, mit Studierenden aus vielen Ländern zusammen zu arbeiten, mit ihnen ein Team zu bilden.“ Am 1. September, dem ersten Tag des neuen Semesters an der Jacobs University, hielt Prof. Dr. Andrea Koschinsky um 8.15 Uhr ihre erste Vorlesung. Das Thema: Umweltgeowissenschaften. Es geht um Stoffe in der Umwelt, welche Schäden sie anrichten können, – und wie man sie wieder los wird. Weitere Informationen:http://akoschinsk.user.jacobs-university.de www.jacobs-university.de Fragen beantwortet: Prof. Dr. Andrea Koschinsky | Professor für Geowissenschaften a.koschinsky [at] jacobs-university.de | Tel: +49 421 200-3567
Unterwasservulkane spucken eine 300 Grad Celsius heiße Flüssigkeit aus, es wimmelt vor Leben und vor wertvollen Erzen mit Kupfer, Gold oder Zink: Für Andrea Koschinsky ist der Kermadec-Bogen, eine Unterwassergebirgskette nördlich von Neuseeland, eine der spannendsten Regionen der Erde. Ende des Jahres bricht die Professorin für Geochemie an der Jacobs University erneut in den Pazifik auf, als Leiterin eines interdisziplinären Forschungsvorhabens.
Schwarzer Rauch steigt auf vom Meeresboden, eine aggressive Brühe voller Mineralien, die rauchende Erzschornsteine formen oder auf den Boden rieseln. Rauch am Meeresboden? Eine Abschreckungsreaktion auf eine heiße unterirdische Zirkulationsquelle sei das, erklärt Andrea Koschinsky. Kaltes Meerwasser sickert in den Untergrund, wird von Magma erhitzt, wäscht das unterirdische Gestein mit seinen Mineralien aus, steigt wieder auf, trifft auf das kalte Meerwasser und wird als Rauchfahne sichtbar. „Wenn man sieht, wie diese 300 Grad heiße Lösung aus dem Meeresboden schießt, wie die ganze Lebenswelt unter diesen extremen Bedingungen überquillt, das ist schon spektakulär“, sagt die Wissenschaftlerin. Nicht minder fasziniert sie die Vielfalt der Region. Im pazifischen Kermadec-Bogen reiht sich ein unterirdischer Vulkan an den nächsten. Mal produzieren sie schwefelreiche-, dann wieder besonders gasreiche Lösungen. Jede nährt andere Lebensformen. Es ist nicht das Spektakel, das sie zum wiederholten Mal an das andere Ende der Welt führt. Es geht um das Verstehen und auch um das Nutzen. Wie funktioniert die Interaktion zwischen den Unterwasserlebenswelten, den heißen Quellen und den Mineralien? Wie weit verbreiten sich die Spurenmetalle, die etwa für das Wachstum von Plankton wichtig sind? Und welche Bedeutung haben sie für den globalen Stoffhaushalt der Meere? Und es geht um wertvolle Rohstoffe wie Kupfer, Eisen, auch Silber und Gold. In welcher Konzentration kommen sie vor? Lassen sie sich abbauen, ohne Schädigung der Umwelt? Der Tiefseebergbau ist ein Thema von hoher Priorität, so Koschinsky. Vor Papua-Neuguinea startet eine kanadisch-australische Firma vermutlich im kommenden Jahr mit dem weltweit ersten Unterwasserbergbauprojekt, die Bundesrepublik Deutschland verfügt über zwei Lizenzen für die Vorbereitung des Abbaus von Rohstoffen in der Tiefsee. Kurz vor Weihnachten wird Andrea Koschinsky mit dem Forschungsschiff „Sonne“ von Neukaledonien aus aufbrechen. Doch schon jetzt ist viel zu tun. Die Leiterin des Verbundprojektes mit sechs deutschen Partnerinstituten, zwei neuseeländischen Gruppen und einem Wissenschaftler aus den USA hat Arbeitsvisa zu besorgen, zum Beispiel. An Bord wird sie die wissenschaftlichen Arbeiten leiten und ist Kontaktperson für den Kapitän. In Wassertiefen zwischen 200 und 1600 Meter wird der Tiefseeroboter „Quest“ Proben nehmen. An die Forschungsfahrt schließt sich eine mehrjährige Auswertungsphase an – viel Futter für kommende Doktor-, Master- oder Bachelorarbeiten ihrer Studierenden. Einer der Bachelor-Studenten hat das Glück, mit auf die fünfwöchige Reise gehen zu dürfen, ebenso wie zwei ihrer Mitarbeiterinnen. Es ist die wohl fünfzehnte Expedition der Meeresforscherin, so ganz genau hat sie die Anzahl nicht im Kopf. Auf dem pazifischen, dem indischen und dem atlantischen Ozean war sie schon unterwegs. Dass es dazu kam, war ihrer ersten Forschungsreise zu verdanken, die sie Anfang der 1990er Jahre als Doktorandin der TU Clausthal ebenfalls in den Pazifik führte. „Das war ein prägendes Erlebnis. Damals gab es noch kein Internet da draußen, wir waren sechs Wochen von der Außenwelt fast komplett abgeschnitten.“ Es folgte die Habilitation und Lehre als Privatdozentin an der FU Berlin, bevor sie 2003 an die Jacobs University kam und dort gemeinsam mit Professor Dr. Michael Bau den Fachbereich Geowissenschaften aufbaute, vielfach ausgezeichnet in diversen Hochschulrankings. „Ich habe an der Jacobs University den für mich optimalen Standort gefunden, mit einem tollen Team, sehr guten internationalen Studierenden und einem außergewöhnlichen Forschungsumfeld. Wir kooperieren eng mit der Universität Bremen, dem Alfred-Wegener-Institut oder dem Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie.“ Im Labor steht die Wissenschaftlerin selbst kaum noch. Die Vorbereitung und Koordination von Forschungsvorhaben, die Auswertung und das Publizieren von wissenschaftlichen Ergebnissen, die Gremienarbeit und die Lehre nehmen sie in Beschlag. Gefragt, worauf sie sich in diesem akademischen Jahr freut, nennt sie das Fest der Heiligen Barbara, Schutzpatronin der Bergleute. Die Feier wird von den Studierenden kurz vor Weihnachten ausgerichtet, sie nehmen die Lehrenden dabei oft auf die Schippe. Die Verbindung zu den jungen Leuten ist eng, sie hält oft über das Studienende hinaus. Und sie freut sich auf den Studienbeginn. „Es ist immer wieder spannend, mit Studierenden aus vielen Ländern zusammen zu arbeiten, mit ihnen ein Team zu bilden.“ Am 1. September, dem ersten Tag des neuen Semesters an der Jacobs University, hielt Prof. Dr. Andrea Koschinsky um 8.15 Uhr ihre erste Vorlesung. Das Thema: Umweltgeowissenschaften. Es geht um Stoffe in der Umwelt, welche Schäden sie anrichten können, – und wie man sie wieder los wird. Weitere Informationen:http://akoschinsk.user.jacobs-university.de www.jacobs-university.de Fragen beantwortet: Prof. Dr. Andrea Koschinsky | Professor für Geowissenschaften a.koschinsky [at] jacobs-university.de | Tel: +49 421 200-3567