DAAD-Preisträgerin Nickolet Ncube: Aus eigener Kraft etwas erreichen
Foto: Jacobs University
19. Januar 2018
An die ersten Tage an ihrer weiterführenden Schule in ihren Heimatort Bulawayo in Simbabwe erinnert sie sich genau. Ihr Physiklehrer? Ein Mann. Der Mathematiklehrer? Ein Mann. Der Biologielehrer? Ein Mann. „Doch dann betrat diese Lehrerin den Klassenraum und ich dachte: Wow, eine Frau, die Chemie unterrichtet!“ erzählt Nickolet Ncube. „Sie hat meine Faszination für das Fach geweckt, sie hat mich inspiriert, wie sie wollte ich eines Tages sein.“
Das war vor elf Jahren. Inzwischen promoviert die 26-Jährige an der Jacobs University in Anorganischer Chemie in der Arbeitsgruppe von Professor Ulrich Kortz. Für ihre herausragenden wissenschaftlichen Leistungen und ihr soziales Engagement wurde Nickolet Ncube kürzlich an der internationalen Universität mit einem Preis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) ausgezeichnet.
Zerbrechliche Geschöpfe der Nanowelt, die Polyoxometallate (POMs), sind ihr Forschungsgebiet. Diese Metall-Sauerstoff Verbindungen versucht sie um das Element Scandium zu ergänzen, zudem arbeitet sie an POMs mit interessanten Eigenschaften – zum Beispiel in der Hoffnung, antibakteriell wirkende Stoffe zu entwickeln, die als Bestandteil von Farbe den Unterwasserbewuchs von Schiffen verhindern könnten. „Das wäre ein Traum“, sagt sie.
Ob er in Erfüllung geht, ist ungewiss. Es geht um Grundlagenforschung, und insbesondere um die Synthese, Struktur und Eigenschaften neuartiger Metall-Oxo Verbindungen. Diese Art der Forschung erfordert Geduld, denn viele Experimente funktionieren nicht auf Anhieb und es kann Wochen oder Monate dauern bis sich Erfolg einstellt. Nickolet hat bereits zwei neue Verbindungen dargestellt und arbeitet nun systematisch an deren Eigenschaften, sowie an der Synthese von Derivaten. „Ich denke immer darüber nach, was ich als nächstes probieren kann, denn die Entdeckung neuartiger Spezies ist spannende Pionierarbeit.“ Neben der Forschung in der Arbeitsgruppe von Prof. Ulrich Kortz wirkt sie zudem als Lehrassistentin, beantwortet Fragen der Studierenden, beaufsichtigt sie im Labor, korrigiert ihre Arbeiten.
Über den Umweg Großbritannien kam Nickolet Ncube nach Bremen. Sie war die beste Schülerin in ihrer Provinz, erhielt ein Stipendium des Pestalozzi International Village Trust und legte am Sussex Coast College Hastings in England ihr Abitur ab. Danach stand ihr die Welt offen. Sie hätte in den USA studieren können, entschied sich aber für die Jacobs University. „Das war die beste Entscheidung meines Lebens.“
Sowohl ihren Bachelor als auch ihren Master in Chemie hat sie an der Jacobs University absolviert, seit einem Jahr ist sie mit ihrer Doktorarbeit beschäftigt. Was sie an der Universität schätzt? „Die Tür meines Professors steht jederzeit offen, ich kann mich immer mit ihm austauschen, muss nicht in einer Schlange stehen. Die Universität ist groß genug, dass die Arbeit, die man hier leistet, auch außerhalb wahrgenommen und anerkannt wird. Und ist klein genug, um sich innerhalb ihrer Mauern relevant zu fühlen.“
Die Forschung und Lehre, die akademische Karriere ist jedoch nur ein Teil von ihr, ein anderer ist ihr soziales Engagement. Als eine der Sprecher vertritt sie etwa die Interessen der Graduierten an der Jacobs University, sie ist Mitglied im Deutschen Akademikerinnenbund, ihre Herz aber schlägt besonders für ein Thema: für die Bildungschancen von Mädchen und Frauen, insbesondere in ihrer Heimat. Simbabwe, erzählt sie, sei eine Männergesellschaft. „Wenn der Mann gut dasteht, ist dies auch bei seiner Frau der Fall.“ Ihre Mutter aber habe sie anders erzogen. „Sie hat uns beigebracht, dass wir durch harte Arbeit aus eigener Kraft etwas erreichen können. Das will ich auch vermitteln.“
Für ihre Familie ist Nickolet bereits zum Vorbild geworden, ihre beiden jüngeren Geschwister studieren ebenfalls. Gemeinsam mit einer Freundin hat sie den Verein „Building Dreams Zimbabwe“ gegründet, der in ihrem Heimatort Bulawayo junge Mädchen ermutigen will, die Schule zu besuchen. „Sie gehen oft eine ganze Woche lang nicht zur Schule, weil sie keine Hygieneartikel haben. Über das ganze Jahr gesehen, verpassen sie sehr viel Unterricht und so verfestigt sich das Vorurteil, Mädchen seien gar nicht an Bildung interessiert.“ Der Verein sponsert Hygieneartikel, er plant ein kleines Stück Land zu kaufen, auf dem die Mädchen Gemüse anbauen und verkaufen können, um sich Bücher zu leisten.
Vor zwei Jahren war Nickolet zuletzt in Simbabwe. Auf der Straße hat sie zufällig ihre alte Lehrerin getroffen, es war eine herzliche Begegnung. Sie hat an ihrer alten Schule Chemie unterrichtet und hofft, dass auch sie andere junge Menschen inspirieren kann, ihre Möglichkeiten zu nutzen und aus eigener Kraft etwas zu erreichen. „Wenn man sieht, dass es jemand anders geschafft hat, dann ist das ein großer Ansporn, dann weiß man, was möglich ist.“
Weitere Informationen:
www.jacobs-university.de
https://www.youtube.com/user/JacobsUni
Über die Jacobs University:
Die Jacobs University ist eine private, unabhängige, englischsprachige Universität in Bremen. Hier studieren junge Menschen aus der ganzen Welt in Vorbereitungs-, Bachelor-, Master- und PhD-Programmen. Internationalität und Transdisziplinarität sind die besonderen Kennzeichen der Jacobs University: Forschung und Lehre folgen nicht einem einzigen Lösungsweg, sie gehen Fragestellungen aus der Perspektive verschiedener Disziplinen an. Dieses Prinzip macht Jacobs Absolventen zu begehrten Nachwuchskräften, die erfolgreich internationale Karrierewege einschlagen.
Kontakt:
Thomas Joppig | Brand Management, Marketing & Communications
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