Fariba Sabzi: Zwei Doktortitel und ein schwarzer Gürtel
Fariba Sabzi ist Teil der Forschungsgruppe von Professor Kuhnert im Fachbereich Life Sciences & Chemistry mit dem Forschungsschwerpunkt Analytische Chemie. (Quelle: Jacobs University)
15. September 2020
Fariba Sabzi war 18 Jahre alt, als sie sich zwischen einer Karriere als professionelle Taekwondo-Sportlerin und einer Laufbahn als Wissenschaftlerin entscheiden musste. Sie überlegte nicht zweimal. Obwohl Taekwondo eine wichtige Rolle in ihrem Leben spielte und sie selbst eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung des Sports in ihrer Heimatstadt Täbris im Iran einnahm, wusste Fariba Sabzi immer, dass sie Wissenschaftlerin werden wollte. "Taekwondo ist mein Vergnügen, aber die Wissenschaft ist meine Zukunft", sagte die Doktorandin an der Jacobs University Bremen vor vielen Jahren zu ihrem jungen Ich.
Als Neunjährige begann Fariba mit ihrem Bruder, der Karatetrainer war, Kampfsport zu üben. Ein paar Jahre später wollte sie mehr und fühlte sie sich dazu bereit, in einem Fitnessstudio Taekwondo zu trainieren. "Das war damals – in den Achtzigerjahren – für iranische Frauen nicht üblich", sagt Fariba. Als sie sich schließlich einer Frauentrainingsgruppe anschloss, mussten die Trainingseinheiten inoffiziell stattfinden. "Meine Trainerin war die erste Frau, die in meiner Heimatstadt Taekwondo praktizierte. Sie wurde heimlich von einem Mann trainiert, kam dann in unser Studio und brachte uns Mädchen bei, was sie gelernt hatte", erinnert sich Fariba, die aus der iranischen Region Aserbaidschan im Nordwesten des Landes stammt.
, Fariba Sabzi war 18 Jahre alt, als sie sich zwischen einer Karriere als professionelle Taekwondo-Sportlerin und einer Karriere als Wissenschaftlerin entscheiden musste. (Quelle: privat)
Um gegen andere Sportlerinnen antreten zu können, wollte die Gruppe im iranischen Aserbaidschan einen Frauenverband des Taekwondo gründen. Sie setzten sich engagiert für dieses Ziel ein und erhielten schließlich die Lizenz dafür. Zusammen mit zwei anderen Mädchen wurde Fariba als Botschafterin des Sports ausgewählt, um anderen jungen Frauen in der Region Taekwondo näher zu bringen. Es war in Teheran, Fariba war 17 Jahre alt, wo die junge Athletin zum ersten Mal gegen andere Frauen aus dem ganzen Land antrat – und eine Medaille gewann. Sie war auch eine der ersten Frauen im iranischen Aserbaidschan, die ihren schwarzen Gürtel erhielt. Und während Taekwondo eine zentrale Rolle im Leben der Teenagerin spielte, dachte sie auch über ihre Zukunft nach – was wollte sie werden?
"Damals dachte ich, dass ich vielleicht eines Tages im Betrieb meiner Eltern, in der Lebensmittelindustrie, arbeiten möchte", erinnert sie sich. "Während ich also Taekwondo in meinem Land vertrat, arbeitete ich zeitgleich darauf hin, für ein naturwissenschaftliches Studium angenommen zu werden. Als sie die Zulassung von der Universität in Maschhad im Nordosten des Iran erhielt, war es für sie an der Zeit, eine Wahl zu treffen. "Ich musste mich zwischen Taekwondo und meinem Studium entscheiden. Ich hatte so hart gearbeitet, um für dieses Studienfach angenommen zu werden – und ich wusste, dass ich studieren wollte", erklärt sie ihre Entscheidung für den Bachelorstudiengang „Engineering Chemistry“. Da sie die einzige Frau in einem Jahrgang voller Männer war, die einen der wettbewerbsfähigsten Studiengänge im Iran belegte, war es für Fariba nicht immer leicht, akzeptiert zu werden.
Aber sie hat ihre Entscheidung nie bereut. Später besuchte sie die Universität Teheran, wo die junge Wissenschaftlerin ihren Masterabschluss in Biotechnologie machte und dann für das hart umkämpfte Doktorandenprogramm in „Nanobiotechnology Engineering Chemistry“ mit dem Forschungsschwerpunkt Leukämie zugelassen wurde. Von den zehn Bewerbern, die in das Programm aufgenommen wurden, war sie eine von drei Frauen.
2015 führte sie ein Praktikum an der TU München nach Deutschland und die Aussicht auf eine weitere Promotion brachte sie schließlich in den Norden Deutschlands, nach Hamburg.
Aber es war eine schwere Zeit für die Iranerin. "Ich lebte in einer großen Stadt, in der ich niemanden kannte". Als eine Freundin, die als Postdoktorandin an der Jacobs University beschäftigt war, ihr von der internationalen und familiären Atmosphäre an der Privatuniversität erzählte, beschloss Fariba, nach Bremen zu kommen. Seitdem ist sie Teil der Forschungsgruppe von Professor Kuhnert im Fachbereich Life Sciences & Chemistry mit dem Forschungsschwerpunkt Analytische Chemie. In ihrer Dissertation sucht Fariba nach neuen Komponenten, die in der pharmazeutischen Industrie eingesetzt werden könnten.
Von Anfang an hat sie auf dem Campus der internationalen Universität gelebt. "Meine Zeit an der Jacobs University hat mich verändert. Ich habe hier ein Zuhause gefunden". Außerhalb der Labore verbringt Fariba gerne Zeit mit den Studierenden und bietet Beratung an. Vor zwei Jahren nahm sie zusätzlich zu ihrer Doktorarbeit die Stelle als Resident Associate in einem der Studierendenwohnheime auf dem Universitätscampus an. In dieser Position unterstützt sie die Studierenden, die auf dem Campus wohnen, zum Beispiel in Notfällen. "Meine Zeit an der Jacobs University hat mich zu einer stärkeren und unabhängigeren Person gemacht – beruflich und persönlich".
Fariba hofft, ihren Abschluss im Sommer 2021 zu machen. Ihr Ziel ist es, ihre akademische Laufbahn fortzusetzen – idealerweise in Bremen.
Dieser Text ist Teil der Serie "Faces of Jacobs", in der die Jacobs University Studierende, Alumni, Professoren und Mitarbeiter vorstellt. Weitere Folgen sind unter www.jacobs-university.de/faces/de zu finden.
Über die Jacobs University Bremen:
In einer internationalen Gemeinschaft studieren. Sich für verantwortungsvolle Aufgaben in einer digitalisierten und globalisierten Gesellschaft qualifizieren. Über Fächer- und Ländergrenzen hinweg lernen, forschen und lehren. Mit innovativen Lösungen und Weiterbildungsprogrammen Menschen und Märkte stärken. Für all das steht die Jacobs University Bremen. 2001 als private, englischsprachige Campus-Universität gegründet, erzielt sie immer wieder Spitzenergebnisse in nationalen und internationalen Hochschulrankings. Ihre mehr als 1.500 Studierenden stammen aus mehr als 120 Ländern, rund 80 Prozent sind für ihr Studium nach Deutschland gezogen. Forschungsprojekte der Jacobs University werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder aus dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der Europäischen Union ebenso gefördert wie von global führenden Unternehmen.
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