Gefällt mir! Die ungewöhnliche Karriere des Hashem Al-Ghaili

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Copyright: Bastian Bullwinkel, Universum Science Center

14. Dezember 2016

Bundeskanzlerin Angela Merkel folgen 2,2 Millionen Menschen, Hashem Al-Ghaili mehr als 6,5 Millionen: Auf Facebook ist der in Jemen geborene und in Bremen lebende Absolvent der Bremer Jacobs University ein Star. In seinen Videos erklärt er anschaulich und unterhaltsam die Welt der Wissenschaft und erzählt von neuesten wissenschaftlichen Durchbrüchen und technischen Errungenschaften. Seine Seite, die weltweit bereits drei Milliarden Mal aufgerufen wurde, ist den Fans bekannt als „Science Nature Page“.

Das Video über den „Hippo Roller“, eine Art rollenden Wassertank, gehört zu den beliebtesten auf Hashems Facebook-Seite. Der Tank hilft Menschen vor allem im ländlichen Afrika, besseren Zugang zu Wasser zu bekommen; sie müssen es nicht länger in Behältern auf dem Kopf transportieren. Rund 40 Millionen Aufrufe erzielte das Video, eine halbe Millionen Menschen haben es geteilt, 7000 kommentiert. Erst kürzlich hat sich der Hersteller, ein Sozialunternehmen aus Südafrika, bei Hashem Al-Ghaili bedankt; er habe Vielen geholfen. „Die Wirkung dieses Videos war weitreichend und folglich können nun deutlich mehr Gemeinden den Vorteil des Hippo Rollers nutzen.“ Darüber hat sich der 26-Jährige sehr gefreut: „Das ist es, was ich will. Ich möchte Einfluss nehmen und dazu beitragen, das Leben besser zu machen“, sagt  Hashem Al-Ghaili.

Dass ihm dies einmal gelingen könnte, war nicht abzusehen. Hashem Al-Ghaili wächst in einer ländlichen Region im Jemen auf. Nach dem Schulabschluss möchte sein Vater, dass er Bauer wird. Er aber interessiert sich für Naturwissenschaften, verschlingt Wissensmagazine, liest Enzyklopädien, ist ein guter Schüler. Er erhält ein Stipendium des jemenitischen Hochschulministeriums und wird zugelassen für einen Studienplatz für Biotechnologie an der University of Peshawar in Pakistan. Sein Vater lässt ihn ziehen.

In Pakistan studiert Hashem Al-Ghaili erfolgreich, wird bei Facebook aktiv und gewinnt neue Freunde. Einer rät ihm, sein Studium nach dem Erwerb des Bachelor in Deutschland fortzusetzen. Hashem weiß wenig über das Land und das Bildungssystem in Deutschland. Er bewirbt sich beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) für ein Stipendium und erhält ebenfalls ein Stipendium zur Fortsetzung seines Studium an der Jacobs University in Bremen. Heute sagt er: „Das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens.“

Seine Kommilitonen helfen ihm, den Kulturschock zu überwinden. Die Studierenden der Jacobs University stammen aus über 100 Ländern, vielen geht es ähnlich wie ihm, sie unterstützen sich gegenseitig. „Das war schon cool“, sagt Hashem. „Anders als in meiner Heimat hatte ich an der Jacobs University plötzlich Zugang zu neuesten Technologien. Ich habe auch viel Unterstützung von meinen Professoren erhalten, insbesondere vom damaligen MoLife-Koordinator Professor Sebastian Springer.“ Im Jahr 2015 schließt er sein Master-Studium in Molecular Biotechnology ab und hält als Vertreter der Studierenden auf der Abschlussfeier eine Rede.

Kurz überlegt er, eine Doktorarbeit anzuschließen oder im Labor zu arbeiten, entscheidet sich jedoch anders. Das Vermitteln von Wissenschaft, die Verbreitung von Wissen, ist das, was ihn interessiert, als Kommunikator versteht er sich. Hashem nimmt einen Job an, wird Director of Content bei Futurism, einem amerikanischen Wissensportal zur Wissenschaftsvermittlung. Und kümmert sich in seiner Freizeit um seinen Facebook-Auftritt, im Durchschnitt drei Stunden täglich, ohne Honorar.

„Ich liebe, was ich tue“, sagt er. Und viele scheinen zu lieben, was er tut – und zwar weltweit. Seine Fans stammen vor allem aus den USA, Mexiko, Brasilien oder Indien, ebenso aus Europa. „Ich stelle in meinen Videos Wissenschaft so einfach wie möglich und auch unterhaltsam dar. Jeder soll sie verstehen können, egal welcher Nationalität und welchen Alters.“ In der Regel zwischen einer und eineinhalb Minuten sind die Filmsequenzen lang, oft sind sie mit Musik unterlegt. Die Themen reichen von neuen Erkenntnissen in der Medizinforschung über Durchbrüche in den Naturwissenschaften und der Astronomie bis zu Innovationen in den Materialwissenschaften. Das Filmmaterial stammt aus öffentlich zugänglichen Quellen, die am Ende des Videos genannt werden. Viele Anregungen holt er sich aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen. „Die bergen Schätze, die es zu heben gilt.“

Hashem Al-Ghailis Reise ist noch nicht zu Ende, sie geht weiter. Ende des Jahres zieht er von Bremen nach Berlin. Sein Plan ist es, längere Dokumentationen zu erstellen über die unglaublichen Wunder der Wissenschaft. Er will sich in der Hauptstadt auch mit Filmregisseuren treffen und ein Crowdfunding-Projekt anschieben. Dabei unterstützen eine Vielzahl von Menschen – die Crowd – ein Projekt mit kleinen Beiträgen, so dass es umgesetzt werden kann. Seine Crowd auf Facebook umfasst knapp das Doppelte der Einwohnerzahl Berlins. Gut möglich also, dass er auch mit diesem Projekt Erfolg haben wird.

Weitere Informationen:
https://www.facebook.com/ScienceNaturePage