Keine Angst vor China!

Image
lattemann.jpg
,

 

10. Februar 2017

„China kauft die Deutschland AG“ – „China im Deutschland-Wahn“ – „China kauft ein“: Das waren nur einige Medien-Schlagzeilen im vergangenen Jahr. 2016 haben chinesische Firmen 11,6 Milliarden Euro für Firmenkäufe in Deutschland ausgegeben – gut 20 Mal so viel wie 2015. Droht ein Ausverkauf? „Es gibt keinen Grund zur Besorgnis“, findet Christoph Lattemann, Professor für Business Administration und Information Management an der Jacobs University. „Wir haben es vielmehr mit einem Wahrnehmungsproblem zu tun.“

Lattemann ist China-Experte. Kaum ein Thema beschäftigt ihn derzeit mehr als die Direktinvestitionen. Gerade einmal 0,3 Prozent aller Auslandsinvestitionen in Deutschland stammen aus China. Interessanter als die Größenordnung sei deshalb, worin die chinesischen Unternehmen investieren, meint der Wissenschaftler, nämlich in „Hidden Champions“, in Technologieführer, wie etwa das Roboterunternehmen Kuka.

Dahinter stecke die Industriestrategie „Made in China 2025“ der chinesischen Regierung, die darauf abzielt, in bestimmten Branchen die Marktführerschaft zu übernehmen. „Zumindest kurzfristig profitieren von diesen Joint Ventures beide Seiten“, sagt der Wissenschaftler. „Das Land bekommt Zugang zu Technologie, für die Unternehmen öffnet sich ein riesiger Markt.“ Deshalb gelte: Derzeit gibt es noch keinen Grund zur Angst vor chinesischen Direktinvestitionen.

Vorbehalte gegenüber dem Reich der Mitte begegnen ihm oft. Wie China „tickt“, welche Ziele die chinesische Regierung verfolgt, auch die kulturellen Eigenheiten: „In Deutschland existiert ein großes schwarzes Loch des Unwissens“, meint der Wirtschaftswissenschaftler.

Er versucht das Seinige, es zu stopfen. Durch Vorträge, Symposien und Lehrveranstaltungen. Als Co-Organisator der interdisziplinären Konferenzreihe „China goes global“ mit Wissenschaftlern aus aller Welt. Als Vize-Direktor des Bremer Konfuzius-Instituts, das sich vor allem der Vermittlung der chinesischen Sprache und der Kultur widmet. Und nicht zuletzt als Direktor des China Global Center for the Studies of China and Globalization an der Jacobs University.

In diesem Zentrum hat die internationale Universität ihre China-Kompetenzen gebündelt. Dort arbeiten Forscher verschiedenster Fachrichtungen eng zusammen, darunter auch Gastwissenschaftler aus China. Sie vermitteln chinarelevantes Wissen an die Studierenden und auch der Wissenstransfer an Unternehmen und Öffentlichkeit zählt zur Aufgabe des Centers.

Mit Universitäten wie der Fudan University in Shanghai oder der Capital Normal University in Beijing bestehen Austauschprogramme. „Gerade in den Naturwissenschaften sind die chinesischen Universitäten Weltklasse“, meint Lattemann. Inzwischen kommen sogar Manager aus der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zu Weiterbildungsprogrammen auf den Campus nach Bremen Nord. Und natürlich kommen auch Studierende aus China: Mit 13 Prozent bilden sie die zweitgrößte Gruppe nach den Deutschen.

Auf dem Campus der internationalen Universität mit ihren Studierenden aus rund 100 Ländern ist Lattemann eine Rarität: Er ist gebürtiger Bremer, ging in der Hansestadt zur Schule, hat an der Universität Bremen promoviert. Nach Stationen unter anderem in Karlsruhe, Potsdam, Kopenhagen, der Standford University und der Harvard University kehrte er 2010 in seine Heimatstadt zurück. Vor allem auch deshalb, weil er das Konzept der Universität als „genial“ empfand. „Klein, mobil, englischsprachig, interdisziplinär, international – das ist schon ein toller Mix.“

Besonders die Internationalität hat es dem 47-Jährigen angetan. „Für die Lehre ist sie Gold wert“, sagt Lattemann, der auch das Studienprogramm „International Business Administration“ verantwortet und sich besonders für „Corporate Governance“, also gute Unternehmensführung, interessiert. „Ich greife gerne aktuelle Themen auf. Es gibt immer jemanden, der aus seinem Land darüber authentisch berichten und auch das kulturelle Umfeld erklären kann. Das macht die Lehre viel interessanter und lebendiger.“

Viele seiner Studierenden setzen ihr Studium an den besten Universitäten fort: von Columbia über Harvard bis zur London School of Economics. Die Zukunft der Arbeit ist interkulturell, davon ist Lattemann überzeugt. Absolventen, die in der Lage seien, Brücken zu bauen, hätten einen großen Vorteil.

Neue Wege zu gehen, innovativ und kreativ zu sein, das ist Lattemann wichtig. Deshalb hat er an der Jacobs University einen weiteren Forschungszweig aufgebaut, mit dem er in seiner Zeit am Hasso-Plattner-Institut der Universität Potsdam in Berührung kam: D-Forge – Design Thinking Solutions.

„Das ist eine Methode der kreativen Ideengenerierung, die sich stark an Bedürfnissen von Nutzern orientiert“, erklärt er. Sie stammt aus den USA und setzt auf interdisziplinäre Teams zur Lösung von Problemen, insbesondere in Unternehmen. In Workshops führt er Studierende oder Betriebe in das Verfahren ein. Und gelegentlich kommt sie auch im China Global Center zur Anwendung.

 

Zusätzliche Informationen:
www.jacobs-university.de/directory/clattemann
www.jacobs-university.de
 

Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Christoph Lattemann | Professor of Business Administration and Information Management
c.latteman [at] jacobs-university.de | Tel.: +49 421 200-3460

Über die Jacobs University:
Die Jacobs University ist eine private, unabhängige, englischsprachige Universität in Bremen. Hier studieren junge Menschen aus der ganzen Welt in Vorbereitungs-, Bachelor-, Master- und PhD-Programmen. Internationalität und Transdisziplinarität sind die besonderen Kennzeichen der Jacobs University: Forschung und Lehre folgen nicht einem einzigen Lösungsweg, sie gehen Fragestellungen aus der Perspektive verschiedener Disziplinen an. Dieses Prinzip macht Jacobs Absolventen zu begehrten Nachwuchskräften, die erfolgreich internationale Karrierewege einschlagen.

Kontakt:
Thomas Joppig | Brand Management, Marketing & Communications
t.joppig [at] jacobs-university.de | Tel.: +49 421 200-4504