Keine Zukunft? Keine Lust!
24. Mai 2016 Studie der Universität Mannheim und der Jacobs University zeigt: Personalmaßnahmen wirken über die subjektiv wahrgenommene Zukunftsperspektive von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf deren Arbeitszufriedenheit und Unternehmensbindung. Forscher sehen hierin wichtigen Ansatzpunkt für demografie-orientiertes Personalmanagement. Die Zukunftsperspektive von Mitarbeitern ist eine zentrale Größe für das Personalmanagement von Unternehmen, die die Arbeitszufriedenheit und die Unternehmensbindung von Mitarbeitern prägt. Wie die eigene Zukunft wahrgenommen wird, ob als Zeit voller Möglichkeiten und Chancen oder als Zeit drohender Einschränkungen, wird in der Arbeitswelt, besonders vom Personalmanagement, mitgeprägt und mündet in Arbeitszufriedenheit und Unternehmensbindung. Das geht aus einer gemeinsamen Studie der Universität Mannheim und der Jacobs University Bremen hervor. Die Forscher plädieren dafür, die Zukunftsperspektive auch und gerade älterer Mitarbeiter ernsthaft zu berücksichtigen – insbesondere in Zeiten demografischen Wandels. Die Ergebnisse der Studie wurden in der jüngsten Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Journal of Organizational Behavior“ veröffentlicht. Welche Handlungsmöglichkeiten hat das Personalmanagement in Zeiten demografischen Wandels, in denen sich Unternehmen mit schnell alternden Belegschaften konfrontiert sehen? „Wir wissen schon lange: Wenn Menschen älter werden, gehen sie anders mit ihrer Zeit um. Jüngere Menschen kennen in der Regel keine zeitlichen Beschränkungen – sie wollen die Zukunft erobern. Mit zunehmendem Alter wird Zeit immer kostbarer, weil Menschen ein Gefühl für ihre eigene Endlichkeit bekommen“ erklärt der für die Untersuchung verantwortliche Psychologe Dr. Jörg Korff, Forscher am Lehrstuhl für Personalmanagement und Führung der Universität Mannheim, die Ergebnisse der Studie. „Neu ist – und das ist überaus interessant für das Personalmanagement – dass die Rahmenbedingungen in Unternehmen die wahrgenommene Zukunftsperspektive von Mitarbeitern erheblich beeinflusst. Unternehmen können sozusagen das motivationale Alter ihrer Mitarbeiter beeinflussen, sie jünger machen, wenn man so will.“ Korff hat gemeinsam mit seinen Kollegen, den Professoren Torsten Biemann von der Universität Mannheim und Sven Voelpel, Direktor des WDN – WISE Demographie Netzwerks an der Jacobs University, 913 Mitarbeiter im Alter zwischen 19 und 64 Jahren in 76 Geschäftseinheiten von 15 Unternehmen befragt. Neben der Zukunftsperspektive, der Arbeitszufriedenheit und der Unternehmensbindung der Mitarbeiter standen die Aktivitäten des Personalmanagements der Unternehmen (Aus- und Weiterbildung, Personalauswahl, Entgelt, Beförderungsmöglichkeiten, Mitarbeiterbeurteilung, variable Vergütung, Arbeitsplatzsicherheit, Mitarbeiterbeteiligung, Arbeitszeitflexibilität, Beschwerdewesen und Informationspolitik) im Mittelpunkt. Die überraschenden Ergebnisse der Studie zeigen deutlich, dass die Zukunftsperspektive der Erwerbstätigen, die eng mit dem Lebensalter einhergeht, merklich durch Personalmanagementmaßnahmen beeinflusst wird. „Wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter beispielsweise transparent und nach objektiven Kriterien, auch bei Beförderungsentscheidungen, auswählen, ihren Mitarbeitern Möglichkeiten zur Weiterbildung und Beteiligung an Entscheidungsprozessen bieten und leistungsabhängig anstatt nach dem Senioritätsprinzip bezahlen, dann macht das die Mitarbeiter in motivationaler Hinsicht jünger. Und das wirkt sich gleichzeitig positiv auf die Arbeitszufriedenheit und Unternehmensbindung aus“, resümiert Korff. Zurückliegende Forschung aus den USA hatte gezeigt, dass junge Menschen in lebensbedrohlichen Extremsituationen wie HIV- oder SARS-Infektionen, oder in Situationen extremer Ungewissheit wie beispielsweise die der Bewohner von Hong Kong zum Zeitpunkt der Übergabe der Metropole von Großbritannien an China 1997, motivationale Prioritäten zeigen, die denen von Greisen gleicht: Droht die Lebenszeit zu enden oder geht die eigene Perspektive verloren, ziehen sich Menschen ins Private zurück und konzentrieren sich darauf, die ihnen noch verbleibende Zeit so angenehm und sinnstiftend wie möglich zu verbringen. Korff und seine Kollegen konnten nun erstmals wichtige Einflussmöglichkeiten auf diese sonst alterstypischen Veränderungen von Wahrnehmungs- und Verhaltensmustern in weniger extremen Situationen der Arbeitswelt nachweisen. Die Ergebnisse haben wichtige Implikationen für das Personalmanagement von schnell alternden Belegschaften: „Personaler, die sich mit den Folgen des demografischen Wandels für die Zukunftsfähigkeit ihrer Belegschaft auseinandersetzen sind gut beraten, wenn sie auch ältere Mitarbeiter eng in ihre Personalmanagementsysteme einbinden. Unternehmen, die älteren Mitarbeitern keine Weiterentwicklungsmöglichkeiten, keine Aufstiegschancen und keine leistungsabhängige Vergütung bieten, vermitteln, dass deren Zeit im Unternehmen vorbei ist. Die Folge ist, dass sich Mitarbeiter zurückziehen, im Extremfall innerlich kündigen, lange bevor sie tatsächlich altersbedingt ausscheiden“, erklärt Korff. Die wahrgenommene Zukunftsperspektive von Mitarbeitern stellt aus Sicht der Forscher eine wichtige Orientierungshilfe für die strategische Ausrichtung von Personalmanagementsystemen für unterschiedliche Altersgruppen der Mitarbeiter dar. Zum WDN – WISE Demographie Netzwerk:Im WDN – WISE Demographie Netzwerk an der Jacobs University arbeiten Wissenschaftler und Unternehmen gemeinsam an wissenschaftlich fundierten und praxisorientierten Lösungen demografiebedingter Herausforderungen. Unternehmensentscheidern und Personalverantwortlichen bietet das Netzwerk durch Forschungsprojekte, Handlungsempfehlungen sowie einem Forum zum Meinungs- und Erfahrungsaustausch einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil im demographischen Wandel. Das WDN wurde im Rahmen des 11th World Business Dialogue 2007 in Köln unter anderem mit Partnerunternehmen wie der Deutschen Bahn, der Deutschen Bank, Daimler, EnBW und Volkswagen gegründet. Sven Voelpel, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Jacobs University, steht dem Netzwerk als Gründungsdirektor vor. Zur Fakultät für Betriebswirtschaftslehre der Universität MannheimDie Fakultät für Betriebswirtschaftslehre der Universität Mannheim ist einer der größten und renommiertesten betriebswirtschaftlichen Fachbereiche in Europa. In Rankings von Nachrichten- und Wirtschaftsmagazinen ist die Mannheimer Betriebswirtschaftslehre stets in der Spitzengruppe notiert. Die BWL-Fakultät ist bei AACSB International, Association of MBAs (AMBA) und EFMD (EQUIS), den drei weltweit führenden Vereinigungen wirtschaftswissenschaftlicher Bildungseinrichtungen, akkreditiert. Weitere Informationen unter:http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/job.2110/abstracthttp://wdn.jacobs-university.de/ Fragen beantwortet:Prof. Dr. Sven Voelpel | Professor für Betriebswirtschaftslehres.voelpel [at] jacobs-university.de | Tel: +49 421 200-4773/3467