Marija de Gast: die Mutter des blauen Dorfes
Helfen, wo immer sie kann – das macht Marija de Gast aus (Quelle: Jacobs University)
13. März 2019
„Mama Marija“ – so haben die Kinder sie genannt. Bis zu 60 waren es auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle, für jedes gab es in ihrem Büro eine Süßigkeit und eine herzliche Umarmung. „Das blaue Dorf war mein Baby“, sagt Marija de Gast. Die ehemalige Heimleiterin hat die Flüchtlingsunterkunft an der Steingutstraße in Bremen Grohn zu einem Vorzeigeobjekt gemacht. „Und das hat nur mithilfe der Studierenden der Jacobs University geklappt“, erzählt die 68-Jährige. Von Beginn an haben Studierende der internationalen Universität die Bewohner der Flüchtlingsunterkunft unterstützt – und tun dies heute noch.
Die Skepsis der Nachbarn war groß als Ende 2014 auf der Industriebrache an der Steingutstraße, keine fünf Fußminuten von der Jacobs University entfernt, in wenigen Wochen das aus Wohncontainern bestehende Übergangswohnheim entstand. Marija ist selbst eine von ihnen, sie wohnt gleich um die Ecke. „Vielleicht wollte ich deshalb, dass es besonders gut wird. Die Leute sollten sehen, dass so eine Unterkunft nicht automatisch Probleme bereitet.“
Die gebürtige Bosnierin kam Anfang der 90er Jahre nach Bremen, gemeinsam mit ihrem Sohn und ihrem Mann, einem Holländer, der für die Bremer Touristikzentrale arbeitete. Kennengelernt hatten sie sich während ihrer Zeit als Reiseleiterin in Kroatien. Kaum in der Hansestadt, erlebte sie eine Flüchtlingswelle von Menschen aus ihrer Heimat, verursacht durch den Balkankrieg. „Ich spreche die Sprache, ich wollte helfen“, erzählt sie und engagierte sich bei der Arbeiterwohlfahrt, übernahm bald eine Heimleitung. „Ich habe in vielen Heimen gearbeitet, aber nie bin ich so gerne zur Arbeit gegangen wie in das blaue Dorf.“
Blau ist die Farbe der Wohncontainer. Dass sie aufgestellt wurden, löste nicht nur Vorbehalte aus, sondern auch eine enorme Hilfsbereitschaft. Eine Willkommensinitiative gründete sich, die Studierenden der Jacobs University engagierten sich von Beginn an. Die ersten 20 Schutzsuchenden aus Syrien schliefen sogar vorübergehend auf dem benachbarten Campus.
„Der Einsatz der Studierenden war und ist berührend. Wir waren wie eine große Familie“, meint Marija de Gast. Fast täglich gab es eine Aktion: Malkurse für Kinder und Frauen etwa, die Studierenden machten Sport mit ihnen oder Musik, töpferten, buken Kekse, versteckten auf dem Campus Ostereier oder veranstalteten eine Weihnachtsfeier. Auch Geld wurde gespendet. Studierende ruderten die 3078 Kilometer von Bremen nach Damaskus auf ihren Ergometern – und sammelten dabei rund 7000 Euro für das blaue Dorf ein.
Helfen, wo immer sie kann, dabei anpackend, mit ganz viel Herz – das macht Marija de Gast aus. „Zahlen interessieren mich nicht so, mich interessieren Menschen“, sagt sie. Bis zum Sommer vergangenen Jahres leitete sie das Heim, ihr Einsatz für die Geflüchteten ist bis heute geblieben, fast täglich schaut sie vorbei, kümmert sich besonders um die beiden Familien mit den schwerstbehinderten Kindern. „Ich komme vom blauen Dorf nicht los“, meint sie lächelnd.
Auch die Studierenden der Jacobs University kümmern sich weiter. Zweimal die Woche bringen sie den Kindern spielerisch Deutsch bei, helfen bei den Hausaufgaben. „Für die Kinder ist das sehr wichtig“, sagt Hasan Gedik, der jetzige Heimleiter. „Wenn die Studierenden kommen, laufen sie ihnen entgegen, mit ausgestreckten Armen. Sie sind wie große Geschwister, das ist sehr schön zu sehen.“
In unserer Rubrik "Die Jacobs University und ihre Nachbarn“ stellen wir Projekte, Themen, Initiativen und Menschen aus unserer Community vor, die einen gesellschaftlichen Beitrag für Bremen und die Umgebung leisten. Weitere Beiträge finden Sie hier: https://www.jacobs-university.de/news-events/die-jacobs-university-und-ihre-nachbarn
Dieser Artikel ist Teil der Serie „Faces of Jacobs", in der die Jacobs University Studierende, Alumni, Professoren, Mitarbeiter und Freunde der Jacobs University vorstellt.
Über die Jacobs University Bremen:
In einer internationalen Gemeinschaft studieren. Sich für verantwortungsvolle Aufgaben in einer digitalisierten und globalisierten Gesellschaft qualifizieren. Über Fächer- und Ländergrenzen hinweg lernen, forschen und lehren. Mit innovativen Lösungen und Weiterbildungsprogrammen Menschen und Märkte stärken. Für all das steht die Jacobs University Bremen. 2001 als private, englischsprachige Campus-Universität gegründet, erzielt sie immer wieder Spitzenergebnisse in nationalen und internationalen Hochschulrankings. Ihre mehr als 1400 Studierenden stammen aus mehr als 100 Ländern, rund 80 Prozent sind für ihr Studium nach Deutschland gezogen. Forschungsprojekte der Jacobs University werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder aus dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der Europäischen Union ebenso gefördert wie von global führenden Unternehmen.
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