Warum Geckos an Wänden haften können: Wissenschaftler der Jacobs University Bremen erkunden die chemischen Grundlagen der London Dispersion
16. Novemer 2018
Sie ermöglichst es Geckos, an Wänden und Decken zu haften, beim Aufbau von Membranen in Zellen ist sie genauso beteiligt wie beim Andocken von Arzneistoffen an Enzyme im menschlichen Körper. Die Dispersion, also die „schwache Wechselwirkung“, ist in der Chemie allgegenwärtig. Einem Team von Wissenschaftlern an der Jacobs University Bremen unter Leitung von Dekan und Chemieprofessor Dr. Werner Nau ist es nun erstmals gelungen, die nach dem deutschen Physiker Fritz London benannte „London Dispersion“ in Lösung experimentell zu quantifizieren. Die Ergebnisse ihrer Grundlagenforschung sind jetzt in dem renommierten Journal „Nature Chemistry“ erschienen.
Die wissenschaftliche Arbeit an dem Projekt begann vor mehr als drei Jahren und geht zurück auf ein Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), an dem Arbeitsgruppen verschiedener Universitäten in ganz Deutschland beteiligt sind. Einbezogen in das Forschungsprojekt waren neben der Universität Leipzig und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zudem Wissenschaftler aus den USA, Israel und England. Die internationale Zusammenarbeit wurde von der Jacobs University koordiniert, wo auch die richtungsweisenden Experimente durchgeführt wurden.
„Eine besondere Herausforderung war es, die Dispersionswechselwirkung von anderen Wechselwirkungen zu unterscheiden“, sagt Nau. Das sei leicht zwischen anziehenden und abstoßenden Wirkungen, aber schwierig bei Wirkungen innerhalb einer Gruppe. So gibt es eine Reihe von konkurrierenden anziehenden Wechselwirkungen wie elektrostatische oder hydrophobe. Die Wissenschaftler haben ein System entwickelt, dass eine Unterscheidung ermöglicht. „Durch die Verwendung von Edelgasen wie Helium, Neon und Xenon konnten wir letztlich die Dispersion isolieren“, erklärt Nau.
Wichtig sind diese Erkenntnisse der Grundlagenforschung etwa für die Entwicklung neuer Medikamente oder auch für wasserstoffspeichernde Materialien. Entdeckt wurde ebenfalls, dass eine bislang wenig beachtete Wechselwirkung, nämlich die Energie, die zur Verdrängung von Lösungsmittelmolekülen erforderlich ist, eine viel wichtigere Rolle spielt als bislang gedacht.
Die in Großbritannien erscheinende Fachzeitschrift „Nature Chemistry“ gilt als eine der wichtigsten und angesehensten Publikationen auf ihrem Gebiet. Nau und sein Team forschen weiter an der Dispersion, in diesem Jahr wurde das DFG-Projekt im Gesamtvolumen von mehr als 600.000 Euro über zwei Förderperioden nochmals verlängert. Im Focus stehen zukünftig auch Systeme, um mittels Dispersion Methan zu binden, was wiederum bedeutsam ist für künftige energiespeichernde Technologien.
Artikel in Nature Chemistry:
https://www.nature.com/articles/s41557-018-0146-0
Fragen beantwortet:
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