Das Bauhaus in Australien
19. November 2019
Es ist auch eine Flüchtlings- und Migrationsgeschichte: Aus Furcht vor Verfolgung durch die Nationalsozialisten flohen viele Bauhäusler in den 1930er Jahren aus Deutschland – bis nach Australien. Welchen Einfluss die Exilanten auf die Kunst, die Architektur und das Design „down under“ hatten, zeichnet ein jüngst erschienenes Buch nach. Eine der Autorinnen ist Dr. Isabel Wünsche, Professorin für Kunst und Kunstgeschichte an der Jacobs University Bremen.
Das Bauhaus in Australien ist eine wenig bekannte Geschichte. Umso größer war das Interesse auf das die Wissenschaftlerin und ihre Kollegen bei der Vorstellung ihres Buches „Bauhaus Diaspora and Beyond: Transforming Education through Art, Design and Architecture“ in Sydney, Melbourne und Brisbane stießen. Diese war gekoppelt mit Vorlesungen und Diskussionsrunden und einer anschließenden, vom Goethe-Institut gesponserten Vortragsreise von Professor Wünsche durch Neuseeland. „Das Bauhaus ist in Australien und Neuseeland präsent, gerade jetzt im einhundertsten Jubiläumsjahr“, stellt die Autorin fest. Das Bauhaus, das Kunstgewerbe und freie Kunst zusammenführte und später die Einheit von Kunst und Technik propagierte, wurde 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet und 1925 nach Dessau verlegt.
, "Bauhaus Diaspora and Beyond" – das Buch zeigt die vielfältige Präsenz des Bauhaus in Australien und Neuseeland. (Quelle: Melbourne University Press)
Professor Wünsche widmet sich in dem Buch vor allem dem Wirken des Künstlers und Reformpädagogen Ludwig Hirschfeld-Mack, der am Weimarer Bauhaus aktiv war, 1936 nach England emigrierte und 1942 als „enemy alien“ nach Australien deportiert wurde. Dort holte ihn der Direktor der Geelong Church of England Grammar School aus dem Internierungslager und stellte ihn als Kunsterzieher ein. Doch Hirschfeld-Macks Einfluss auf die australische Kunst blieb, ebenso wie das Wirken anderer Bauhaus-Schüler, begrenzt; er konzentrierte sich vor allem darauf, reformpädagogische Konzepte und Bauhaus-Prinzipien in die australische Kunsterziehung vom Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung einzuführen.
Das alternative Kunstkonzept und die moderne Ästhetik der Bauhaus-Anhänger, die eine neue Gesellschaft schaffen wollten, stießen im konservativ geprägten Australien der 1940er und 1950er Jahre nur bedingt auf Zustimmung. Eine Ausnahme bildete der Architekt Harry Seidler, ein in Nordamerika ausgebildeter Gropius-Schüler, der mit dem Rose-Seidler-Haus den Grundstein für die moderne Architektur legte und nachfolgend viele bedeutende Gebäude in Sydney entwarf. Erst mit der nächsten Generation begann in den 1960er Jahren das Interesse am Bauhaus in Australien und Neuseeland zu wachsen. 1961 wurde in Melbourne die erste Bauhaus-Ausstellung in der jungen Gallery A gezeigt. Im einhundertsten Jubiläumsjahr wird das Wirken des Bauhauses über Europa hinaus durch Ausstellungen, Symposien und das vorliegende Buch gewürdigt.
Buch:
Philip Goad, Ann Stephen, Andrew McNamara, Harriet Edquist, Isabel Wünsche:
Bauhaus Diaspora and Beyond: Transforming Education through Art, Design and Architecture. Melbourne University Publishing and Power Publications, 2019, 288 Seiten.
Über die Jacobs University Bremen:
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